380.000 Euro für 1.300 Kinder: Was bringt das Familienentlastungspaket?

Stadt antwortet auf die SPD-Kritik – Bürgeraktion unterstützt BM Pommers Vorstoß

Zwei Monate keine Betreuungsgebühren für Kitas, Kindertagespflege oder Grundschule zahlen – das klingt doch angesichts der finanziellen Lage für viele Familien charmant. Und so ist auch die Mehrheit des Stadtrates dieser Anregung von Bürgermeister Claus Pommer gefolgt. Dieser Vorstoß hatte aber auch für Unmut gesorgt, unter anderem bei der SPD, die gegen den das so genannte Familienentlastungspaket II stimmte – wir haben berichtet.

Die SPD stört sich daran, dass etwa zwei Drittel der Kinder, bzw. deren Familien, von dem Entlastungspaket überhaupt nicht profitieren würden. Denn die zählen zur Einkommensstufe unter 25.000 Euro (Bruttojahreseinkommen) und müssten daher ohnehin keine Beiträge zahlen.

Das restliche Drittel bestehe aus Familien mit höherem Einkommen – und die bräuchten eine solche Unterstützung nicht, findet die SPD.

 

Wir haben bei der Stadt nachgefragt: Wer hat nun wirklich etwas davon?

 

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Für 2.200 von 3.500 Kindern fallen keine Beiträge an

Laut Auskunft aus dem Rathaus werden rund 3.500 Kinder derzeit in Kitas, Kindertagespflege oder Grundschulen betreut.

Für rund 2.200 Kinder fallen keine Beiträge an, etwa weil

  • der Beitrag für die letzten zwei Kitajahre aufgrund gesetzlicher Regelungen entfällt
  • die Geschwisterkindregelungen einige Kinder beitragsfrei stellt
  • die Eltern bei einer Einkommensstufe unter 25.000 Euro Transferleistungen erhalten; das sind 443 Kita- und 422 Schul-Kinder.

 

Das bedeutet: Lediglich für ca. 1.300 Kinder, also mehr als ein Drittel, werden Kostenbeiträge erhoben. Und das betrifft Familien und Kinder, die den Einkommensgruppen 2 bis 9 zugeordnet sind.

Die Stadt rechnet mit einem Einnahmeausfall von rund 380.000 Euro.

 

Ist die Kritik der SPD also berechtigt?

Die SPD meint also, „besser verdienende“ Familien – also mit einem Bruttojahreseinkommen ab 25.000 Euro – hätten diese Entlastung nicht nötig.

Der Jugendelternamtsbeirat (JAEB) kritisiert außerdem: Die kurzzeitige Entlastung Anfang 2023 bringe nichts, weil später weitere Beitragssteigerungen folgen. Die Stadt solle sich vielmehr um die „Mangelverwaltung“ und die Nöte von Kindern und Eltern kümmern.

 

Was sagt die Stadt nun dazu? Auf Anfrage heißt es: „Auch wenn nicht alle Eltern erreicht werden können, so werden doch viele Familien in Hilden spürbar entlastet. Und das in einem relativ einfachen und verwaltungsökonomischen Verfahren.“

 

Die SPD moniert außerdem, dass eine Gegenfinanzierung fehle. Die Erstattung betreffe den Haushalt für 2023; dieser sei aber noch nicht in Gänze vorgestellt oder beschlossen worden. Die Maßnahme sei daher ein Vorgriff auf das nächste Haushaltsjahr. Die Maßnahme müsse über teure Kredite finanziert werden.

Lapidare Antwort der Stadtverwaltung: „Das stimmt. Die Finanzierung wird erst noch im Rahmen der Haushaltsplanberatungen erörtert und beschlossen.“

Das Familienentlastungspaket II sei „eine einmalige Investition, um den Familien eine schnelle Entlastung zu ermöglichen. Für die dauerhafte Finanzierung struktureller Maßnahmen stehen aktuell keine finanziellen Mittel zur Verfügung. Es ist beabsichtigt, das Familienentlastungpaket I in 2023 weiter zu verfolgen, ggf. mit Unterstützung einer Arbeitsgruppe. Auch hier müssten Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden.“
 

Bürgeraktion: „SPD hat falsches Bild von normaler Familie"

Die Bürgeraktion kann die Kritik der SPD nicht nachvollziehen: „Die angesprochenen Familien wehren sich gegen die Unterstellung, dass es ihnen blendend gehe und sie mit mittleren Einkommen keine Entlastung verdient hätten – nur weil sie keine Zuschüsse vom Staat erhalten“, meint Ratsherr Ludger Reffgen. „Mit ihrer Auffassung demonstriert die SPD ein völlig falsches Bild vom Zustand einer Otto-Normal-Familie.“

 

Er unterstellt den Sozialdemokraten, die ja bekanntlich keine Anhänger von Claus Pommer sind, dass sie rein parteipolitisch agieren: „Der Fraktionsführung lag die vordergründig angespannte Haushaltslage mehr am Herzen als die tatsächlichen Sorgen der Hildener Familen. Aktuell befürchtet die SPD nicht nur eine Schieflage der städtischen – nicht der familiären – Finanzen, sondern auch noch eine Überlastung der Verwaltung. Der Sorge hätte die SPD indes wirkungsvoll entgegentreten können, wenn sie Ende vergangenen Jahres Pommers Stellenplan zugestimmt hätte. Der SPD war es aber wichtiger, dem Bürgermeister Knüppel zwischen die Beine zu werfen.“

 

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Die Frage nach der Gegenfinanzierung der Familienentlastung „verbietet sich alleine schon moralisch, nachdem CDU und SPD im vergangenen Jahr mit größter Selbstverständlichkeit die Familien mit einem fetten sechsstelligen Betrag, unter anderem durch Erhöhung der Betreuungskosten, an der Haushaltskonsolidierung beteiligt haben. Da hat die Eltern niemand gefragt, ob und wie sie dieses ‚Opfer‘ gegenfinanzieren können“, sagt Reffgen.

 

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Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: Carole LR/BrunoGermany / Pixabay

 


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