Stadtwerke Hilden: Gas-Einkaufspreis um das achtfache gestiegen

Fragen zur aktuellen Situation – ewiges Hin und Her auf dem Energiemarkt

Die Menschen sind verunsichert, teilweise verzweifelt: Was rollt da noch auf uns zu? Wie stark werden die Energiepreise den eigenen Haushalt belasten?

Die Krise stellt auch die Stadtwerke Hilden vor besondere Herausforderungen.

Wir haben mit Vertriebsleiter Oliver Schläbitz (Portraitfoto oben) über die aktuelle Situation gesprochen.

 

Wie entwickelt sich derzeit die Lage auf dem Gas- und Strommarkt?

Oliver Schläbitz: Wir beobachten weiterhin instabile Marktverhältnisse. Sogar innerhalb eines einzigen Tages kann sich der Markt mehrfach stark verändern.

Kriegsaktivitäten in der Ukraine, Anschläge auf kritische Infrastrukturen und politische Diskussionen (Gaspreisbremse, etc.) haben einen direkt sichtbaren Einfluss auf die Marktpreise an der Börse.

 

Was bedeutet das für die Stadtwerke beim Einkauf? Wie viel Planungssicherheit haben Sie eigentlich?

Wir kaufen risikoavers Energie ein, d. h. wir setzten auf eine langfristige Beschaffungsstrategie mit vielen Beschaffungszeitpunkten, um das Risiko des „richtigen“ Zeitpunkts zu minimieren.

Planungssicherheit gibt es kaum in Bezug auf Veränderungen im Kundenstamm oder mögliche Energieeinsparungen der Kunden.

 

Alle sagen, das Gas aus Russland sei „so schön billig“ gewesen. Jetzt wird Gas u.a. aus den Niederlanden und Norwegen eingekauft. Von welchen Differenzen sprechen wir hier?

Hier sehen Sie die Preisentwicklung eines Standardproduktes für das Gaslieferjahr 2023  

 

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Der Einkaufspreis hat sich im Zeitverlauf versieben- bzw. verachtfacht. (320 €/MWh bzw. 32,0 ct/kWh zu 40 €/MWh bzw. 4,0 ct/kWh).

 

Wie kommt dieser Preisunterschied zustande? Wieso konnte Russland so „günstiges“ Gas anbieten?

Das ist das klassische Prinzip von Angebot und Nachfrage. Wenn viel da ist, kostet es auch wenig und ist „günstig“ – wenn aber kaum etwas da ist, die Nachfrage aber so hoch bleibt, kostet es dann sehr viel, weil alle etwas davon haben wollen.

Dabei handelt es sich trotzdem grundsätzlich um die gleiche Sache, auch wenn es etwas unterschiedliche spezifische Produktionskosten gibt.

 

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Wie hat sich der Gasverbrauch gegenüber den Vorjahren innerhalb Ihrer Kundschaft (gewerblich und privat) entwickelt? Macht sich ein Bewusstsein zum Energiesparen bei Unternehmen und Verbrauchern bemerkbar?

Bitte haben Sie Verständnis, dass wir die konkreten Zahlen nicht nennen. Allgemein sehen wir bei den Industriekunden einen Gasrückgang, der auf umgesetzte Energiesparmaßnahmen zurückzuführen ist. Bei den Privatkunden können wir noch keine Aussagen treffen, da die relevante Heizsaison noch nicht begonnen hat.

 

Vor wenigen Wochen erst hatten die Stadtwerke die neuen Tarife bekannt gegeben, darin war auch die Gasumlage einkalkuliert. Kurz vor dem Monatswechsel wurde sie dann wieder gekippt.

Was bedeutet dieses Hin und Her für Ihr Tagesgeschäft? Muss das Buchungs-/Verrechnungssystem jetzt wieder umgestellt werden? 

Bei unseren Preiskalkulationen setzen wir immer die geltenden gesetzlichen Vorgaben um. Unsere Preise, die wir Mitte September kommuniziert haben, enthalten die Gasbeschaffungsumlage. Nachdem diese gekippt wurde, werden wir diese natürlich nicht berechnen. Auf unserer Internetseite haben wir immer die aktuellen Preise veröffentlicht. Hier finden unsere Kunden Orientierung in dieser schnelllebigen Zeit.

 

Bedeutet das nun, dass die Kunden „nur“ noch den erhöhten Gaspreis zahlen müssen, aber keine zusätzlichen Aufschläge mehr?

Die Gasspeicher- und die Bilanzierungsumlage sind nicht gestrichen, so dass diese auch von den Kunden bezahlt werden müssen.

 

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Uniper soll nun ein „Staatsunternehmen“ werden. Was bedeutet das für die Stadtwerke? Was ändert sich dadurch eigentlich?

Wir wissen es nicht. Wir hoffen, dass Uniper auch weiterhin ihren Lieferverpflichtungen gegenüber den Stadtwerken Hilden nachkommt.

 

Am 10. Oktober hat die Expertenkommission "Gas und Wärme" der Bundesregierung einen Vorschlag für eine "Gaspreis-Bremse" vorgestellt. In einem komplizierten Verfahren sollen u.a.

  • der Bund die Abschlagszahlung für den Dezember übernehmen,
  • der Brutto-Preis für Privathaushalte ab März auf 12 Cent/kWh für ein Grundkontingent gedeckelt werden (was darüber hinaus verbraucht wird, muss nach dem bisherigen Tarif bezahlt werden),
  • der Beschaffungspreis für Industriebetriebe ab Januar auf 7 Cent/kWh gedrosselt werden.

 

Da werden vor allem die Stadtwerke als Versorger viel zu rechnen bekommen. Wir fragen daher die Stadtwerke:

Wenn das so umgesetzt werden sollte (entschieden ist noch nichts), was kommt auf die Stadtwerke zu? Wie aufwendig/machbar wird die Umsetzung sein?

Hier teilen wir die Sichtweise der Branchenvertreter. Durchaus als „gerecht und mit Augenmaß“ werden die Ergebnisse beurteilt, außerdem als „pragmatisch und rasch wirkende Lösung“. Es muss nun jedoch gesichert werden, dass die staatliche Leistung rechtzeitig bei den Versorgern ankommt. Die Stadtwerke können nicht die Einmalzahlung des Dezemberabschlags vorfinanzieren. Es braucht jetzt schnell klare und praxistaugliche rechtliche Regelungen

 

Die Fragen stellte Achim Kaemmerer
Foto: Stadtwerke Hilden

 


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