Wie geht es mit den Montags-Demos weiter?

12.01.2022

Was planen die "Omas gegen Rechts" und "Spaziergänger" in den nächsten Wochen?

Zwei Welten treffen seit einigen Wochen montags abends im Hildener Zentrum aufeinander: Auf der einen Seite die „Spaziergänger“, die mit einem „stillen Protest“ gegen die Corona-Politik und eine drohende Impfpflicht demonstrieren, indem sie als – nicht angemeldete – Gruppe durch die Innenstadt ziehen.

Auf der anderen Seite die Initiative „Omas gegen Rechts“ und zahlreiche Gleichgesinnte, die sich zu einer – offiziell angemeldeten – Gegendemo zusammen finden.

➤ Wir hatten berichtet

Es gab hin und wieder verbale Auseinandersetzungen, zum Glück nichts schlimmeres.

Am 3. Januar haben sich die Polizeikräfte so auf der Mittelstraße positioniert, dass die „Spaziergänger“ einen Bogen um sie gemacht haben. So kamen sich die Gruppen nicht „ins Gehege“.

Am 10. Januar hat es sogar einige Gespräche zwischen einzelnen „Spaziergängern“ und Gegendemonstranten gegeben. Eine Einigung wird es wohl nicht gegeben haben, aber immerhin war wohl wieder alles friedlich – im Gegensatz zu ähnlichen Veranstaltungen in anderen Städten – und teilweise hat man zumindest einander zugehört.

 

Trotzdem: Geht das jetzt immer so weiter?

Nicht unbedingt.

 

Gerti Kreitz, die Organisatorin der Gegendemo, hat jetzt in einem Offenen Brief an „die ‚Spaziergänger‘, die sich von ‚Rechten‘ abgrenzen“ angekündigt: „Ich werde erstmal keine Montagsveranstaltung mehr anmelden. Vielleicht macht jemand anderes etwas. Ich hoffe, dass ein guter Anfang gemacht ist.“

 

Und was machen die „Spaziergänger“?

Wir konnten mit einer „Spaziergängerin“ sprechen. Sie will anonym bleiben, wir nennen sie einfach S.

 

Wir wollten von ihr wissen: Warum „spazieren“ diese Menschen montags? Welche "Botschaft" will die Gruppe vermitteln?

S. ist nur eine Stimme von vielen, also vielleicht nicht unbedingt repräsentativ. Sie betont aber: die meisten anderen „Spaziergänger“ seien „nicht rechts“ und „leugnen das Virus nicht“. Unter ihnen seien Ärzte, Rechtsanwälte und Unternehmer. Viele seien doppelt geimpft und trotzdem „positiv“ getestet. Andere Teilnehmende seien geboostert, aber auch „genervt“ und „müde“ von den Maßnahmen.

Sie selber könne aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden, habe aber auch Angst vor der Impfung und wartet lieber auf einen Totimpfstoff. Es stört sie, dass sie deswegen „angefeindet“ oder eben als „rechts“ angesehen wird.

Es tue ihr „in der Seele weh, wie sich das Land gespalten“ habe: „So etwas habe ich noch nie erlebt.“

Außerdem kenne sie Menschen in ihrem persönlichen Umfeld, denen es nach der Impfung „richtig schlecht“ ginge.

 

OK, fragen wir: Aber warum drücken sie ihren Protest dann durch so eine „nebulöse“ Veranstaltung wie den „Spaziergang“ aus? Ohne Wortführer(in), ohne offizielle Anmeldung, ohne „Botschaft“?

Warum wird nicht eine ordnungsgemäße Demo angemeldet? Und was soll das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei („Ich hab nichts getan, ich gehe hier nur spazieren…“)?

Sie pflichtet uns bei: S. geht seit jeher auf viele Demos gegen die Corona-Politik, zum Beispiel in Düsseldorf. Dort werde alles ordnungsgemäß angemeldet. Und das wünscht sie sich für die Zukunft auch in Hilden. Sie wolle sich dafür einsetzen.

 

„Omas gegen Rechts“: Appell an „Spaziergänger“

Und was sagen die „Omas gegen Rechts“ dazu? Gerti Kreitz freut sich in ihrem Offenen Brief, das sich viele „Spaziergänger“ von den „Rechten" abgrenzen: „Aber dann trefft Euch doch einfach an einem anderen Tag, nicht an diesen symbolträchtigen Montagen, wo traditionell die Rechten marschieren (Pegida). Und wenn Ihr das anmeldet und damit Euren Namen nennt, kommt Ihr auch viel besser mit Politik, Verwaltung und Presse ins Gespräch. Genauso habe ich das auch gemacht, klappt wunderbar.“

 

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Gerti Kreitz zeigt auch Verständnis für die „Impfangst“ und das „schlimme Gefühl“ der Ausgrenzung: „Klar ist auch, dass in der Corona-Politik einiges schlecht gelaufen ist (Schulen, Kultursektor, Kommunikation usw.). Bestimmt hat jeder von uns schonmal darüber geschimpft.“ Aber: „Zum Sich-ausgeschlossen-fühlen kann ich nur sagen, dass das auf Ihrer freien Entscheidung beruht, sich nicht impfen zu lassen.“

 

Von wissenschaftlicher Seite her vertritt sie einen klaren Standpunkt: „Es ist breitester Konsens, dass die milliardenfach erprobten Corona-Impfungen sehr gut verträglich sind, sehr geringe Nebenwirkungen haben und gegen schwere Verläufe wirksam sind. Gegen Ansteckung mit Omikron hilft allerdings nur Boostern. Eine 100% Wirksamkeit gibt es nicht, Viren sind variabel, die Wissenschaft muss es auch sein. Impfen ist bei aller Unvollkommenheit der einzige Weg aus der Pandemie.“

 

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Was ist, wenn die „noch milde“ Omikron-Variante wieder gefährlicher wird, fragt Gerti Kreitz. Sie spricht über die Intensivpatienten, die „qualvoll an Corona ersticken“, und „eine Long Covid-Erschöpfung, die bei ca. 10% der Infizierten auftritt, ist auch nicht so toll“.

 

Sie appelliert an die Kritiker, ihre Thesen noch einmal zu überprüfen (z.B. „Impfen tötet“) und auf die „Profis“ („gute Wissenschaftler“ und „seriöse Medien“) zu hören: „Nein, ich als Laie weiß es nicht besser als die, nur weil ich irgendwas gehört hab von irgendwem“, so Kreitz.

 

Sie bittet die „Spaziergänger“, sich von „rassistischen und hasserfüllten Inhalten“ in ihrer Telegram-Gruppe zu distanzieren: „Ich verstehe nicht, wieso Ihr Euch sowas antut. Macht Eure eigene Gruppe, sonst braucht Ihr Euch nicht zu wundern, wenn Ihr mit Nazis in einen Topf geworfen werdet.“

 

Zwei Beispiele dafür, wie eine kontroverse Diskussion ordentlich geführt werden kann. Hoffentlich bleibt das so.  

Auch Gerti Kreitz wünscht sich "eine schöne, angstfreie Stadt für uns alle!

 

Bericht/Fotos: Achim Kaemmerer

 

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