
Urteil: Sechs Jahre wegen Betrug in Corona-Testzentren
Betreiber hatte auch in Hilden eine Station
Der Fall hatte vor rund einem Jahr für Furore gesorgt: Die Firma Medican aus Bochum war damals aufgeflogen, weil sie den Staat und die Kassenärztliche Vereinigung mit falschen Abrechnungen in ihren Corona-Testzentren betrogen hatte.
Nun hat das Landgericht Bochum den 49-jährigen Geschäftsführer zu sechs Jahren Haft verurteilt.
Die Kammer sah es als erwiesen an, dass er innerhalb von zwei Monaten über 900.000 Tests abgerechnet hatte, die gar nicht durchgeführt wurden, erklärte Gerichtssprecherin Katja Nagel gegenüber dem WDR: „Außerdem hat er sämtliche Tests als ärztlicher Leistungserbringer abgerechnet, obwohl er dazu nicht berechtigt war.“
So entstand laut Landgericht eine Schadenssumme in Höhe von 24,5 Millionen Euro, auf Kosten der Steuerzahler. „Davon liegen aber ca. 17 Millionen Euro zur Wiedergutmachung vor“, sagte Pressesprecherin Katja Nagel dem WDR. „Der Angeklagte war nicht nur geständig, sondern hat auch aktiv an der Schadenswiedergutmachung mitgewirkt.“
Daher ließ das Gericht Milde walten: Die Haftstrafe wurde unter Auflagen ausgesetzt. Der Verurteilte muss nicht ins Gefängnis, aber seinen Personalausweis abgeben und sich regelmäßig bei den Behörden melden.
Und was ist mit den restlichen 7 Millionen Euro?
Auf Nachfrage antwortet uns Gerichtssprecherin Katja Nagel: "Die gesamte Schadenssumme wird in einem abgetrennten Einziehungsverfahren geltend gemacht. Man wird voraussichtlich versuchen, auch den übrigen Schaden von dem Angeklagten zurückzuerlangen. Das Einziehungsverfahren läuft allerdings noch. Das Gesetz sieht aber grundsätzlich vor, dass sämtliche Beträge, die ein Täter erlangt, von Staat zurückgefordert werden können."
Hardeck kündigte Medican den Vertrag
Rund 50 Testzentren hatte Medican damals betrieben, zum Beispiel in Bochum, Essen, Bottrop aber auch in Hilden (Archivfoto oben), auf dem Parkplatz von Hardeck. Als die Betrugsfälle in den Medien bekannt wurden, hatte die Geschäftsleitung des Möbelhauses der Firma Medican ganz schnell den Vertrag gekündigt.
Später baute ein anderer Anbieter sein Testzelt auf dem Parkplatz auf.
Was dem Betrüger zugute kam: Es gab keine wirklichen Kontrollen, die Leistungen wurden einfach bezahlt. Gesetzliche Vorgaben und klare Zuständigkeiten gab es nicht; wir hatten berichtet.
Hat sich seitdem etwas geändert?
Lange Zeit wurde nicht mehr viel über Missbrauch bei dieses lukrativen Geschäftszweiges berichtet. In dieser Woche hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigt, die Qualität in den Testzentren verbessern zu wollen. Zum einen werden die Bürgertests ab dem 30. Juni nur noch für bestimmte Personengruppen kostenlos bleiben. Dadurch, so das Kalkül, sollen die dann verbliebenen Tests zuverlässiger und aussagekräftiger werden. Betrugsfälle sollen härter sanktioniert werden.
Wie genau das umgesetzt werden soll, verriet der Minister aber nicht…
Bericht: Achim Kaemmerer
Fotos: Archiv / A.Koch/Pixabay
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