Bürgeraktion fordert mobile Luftreiniger für Schulen – doch was bringen die?

Bundesumweltamt zweifelt an der Wirksamkeit

„Für den Fall, dass der Präsenzunterricht fortgesetzt wird, besteht weiterhin das erhöhte Risiko, dass sich Schüler infizieren oder Infektionen in die Schule tragen“, stellt die Bürgeraktion (BA) Hilden in einer Anfrage an die Stadtverwaltung vom 13. Januar fest.  Daher fordert die BA eine „kurzfristige Beschaffung von geeigneten Luftreinigern (…)“ für die Klassenräume und Lehrerzimmer an Hildener Schulen. Die gleiche Idee hatte die NRW-Landesregierung im Oktober und hat ein 50-Millionen-Euro-Sonderprogramm aufgelegt, um den Erwerb von mobilen Luftreinigungsgeräten für Schulen und Sporthallen zu fördern. 

 

Was sagt die Stadt dazu?

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Stadt Hilden: Luftreiniger zu teuer und zu aufwendig

Inzwischen hat die Stadt Hilden auf die Anfrage geantwortet: 

"Die Geräte müssen mit Filterfunktion arbeiten. (...) Es muss sich um HEPA-Filter der Klasse H 13 (...) oder HEPA-Filter der Klasse H 14 (...) handeln. Die Filter müssen entweder regelmäßig ausgetauscht oder automatisch (zum Beispiel durch Erhitzen) selbst gereinigt werden. Ein Filterwechsel muss durch fachkundiges, geschultes Personal durchgeführt werden. Hinsichtlich der Schallemissionen sind die jeweils geltenden Normen zu berücksichtigen. (...) 
Weiterhin müssen geeignete Standorte in den Klassenräumen vorhanden sein, um die gewünschte Wirksamkeit zu erzeugen. Bei der Standortwahl muss beachten werden, dass keine Stäube aufgewirbelt werden.

Für entsprechende Geräte muss mit Anschaffungskosten ab ca.3.500 Euro/Gerät gerechnet werden. (...) Für die Ausrüstung der Klassenräume und Lehrerzimmer der Hildener Schulen ist ein Gerätebedarf von ca. 500 Geräten anzusetzen. Daraus folgen Anschaffungskosten in Höhe von ca. 1.750.000 Euro.
Für die Wartung, der Geräte inkl. Filtertausch bieten die Hersteller Wartungsverträge an. Hierfür sind jährliche Kosten in Höhe von 330 Euro / Gerät anzusetzen, so dass jährliche Wartungskosten in Höhe von 165.000 Euro entstehen.
Die ermittelten Kosten sind im Haushalt 2020 / 2021 derzeit nicht enthalten.

(...) Vor diesem Hintergrund [ist] die Stadtverwaltung nicht in der Lage, kurzfristig eine Beschaffung von mobilen Luftfilteranlagen
durchzuführen und dauerhaft zu betreiben." 

 


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„Virenreduzierung nicht eindeutig nachgewiesen“

Mobile Luftreiniger klingen gut, sind aber nicht wirklich die ideale Lösung – sagt im übrigen auch das Umweltbundesamt (eine wissenschaftliche Behörde aus Dessau, die nach eigenen Angaben die Politik sowie Gesundheits- und Umweltbehörden berät).

 

Das Umweltbundesamt steht einem generellen Einsatz mobiler Luftreinigungsgeräte zur Reduzierung von herum schwirrenden SARS-CoV-2-Viren „kritisch gegenüber“. Das schreibt Deutschlands zentrale Umweltbehörde in einem Bericht vom 8. November 2020 auf ihrer Internetseite.

Die Wirksamkeit der mobilen Luftreinigungsgeräte seien bislang „nicht eindeutig nachgewiesen“, heißt es weiter: „Zudem beseitigen mobile Luftreiniger nicht die in Unterrichtsräumen übliche Anreicherung von Kohlendioxid (CO2), Luftfeuchte und diversen chemischen, teils geruchsaktiven Substanzen.“

 


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Es gibt verschiedene Arten von mobilen Luftreiniger – und alle haben laut Umweltbundesamt ihre Schwächen:

Durchsatzgeräte mit Hochleistungsschwebstofffiltern (HEPA-Filterklassen H13 oder H14)
Filtergeräte arbeiten nach dem Umluftprinzip und können „nur einen Bruchteil der Raumluft reini-gen“, schreiben die Autoren: „Im Realraummaßstab hat sich gezeigt, dass Geräte mit Schweb-stofffiltern sehr großzügig dimensioniert sein müssen und eine Umsatzrate des fünf- oder mehrfa-chen Raumvolumens pro Stunde benötigen, um die Partikelkonzentrationen im Raum wirksam zu reduzieren. Geräte mit Schwebstofffiltern haben den Nachteil, dass sie das in Klassenräumen anfal-lende CO2, die Luftfeuchte und geruchsaktive Substanzen sowie andere chemische Schadstoffe nicht aus der Raumluft entfernen.“

 

Durchsatzgeräte mit Aktivkohlefiltern oder elektrostatischen Filtern
Diese Geräte entfernen laut Umweltbundesamt keine Partikel (nur Gase) und „eignen sich daher nicht für eine Reduzierung von Viren. Für Geräte mit elektrostatischen Filtern (B) fehlen derzeit Funktionsnachweise für virushaltige Partikel in Realräumen.“

 

Geräte mit Inaktivierung von Viren durch UV-C-Technik
„Auch hier fehlen verlässliche Daten über die Einsatzbedingungen und Wirksamkeit in Kopplung mit mobilen Geräten. (…) Ebenso ist ein Nachweis notwendig, dass die Geräte für einen sicheren Einsatz in belebten Klassenzimmern geeignet sind (Schutz vor schädigendem UV-Licht).“

 

Luftbehandlung mittels Ozon, Plasma oder Ionisation
Diese Geräte „werden für den Einsatz in Schulen aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt. Ozon ist ein Reizgas und kann durch Reaktion mit anderen Stoffen in der Raumluft neue Schadstoffe bil-den.“

 

Das Umweltbundesamt kommt daher zu dem Schluss: „Eine verlässliche Reduzierung der SARS-CoV-2-Viren ausschließlich durch mobile Luftreinigungsgeräte in Unterrichtsräumen ist basierend auf dem derzeitigen Kenntnisstand nicht eindeutig nachgewiesen.“

 

Doch was wäre die Alternative? – Lüften!

Das klingt auch nicht viel ermutigender: „Das Umweltbundesamt empfiehlt weiter auch in der kal-ten Jahreszeit die Fensterlüftung als prioritäre Maßnahme.“
Und weiter: „In Schulen mit raumlufttechnischen (RLT-)Anlagen sollen die Frischluftzufuhr erhöht und die Betriebszeiten der Anlagen verlängert werden. (…) In Schulen ohne RLT-Anlagen soll in-tervallartig über weit geöffnete Fenster gelüftet werden (…). Diese Maßnahmen sind rasch und einfach umsetzbar und bieten einen wirksamen Schutz, weil die Außenluft nahezu virenfrei ist. Die im Winter unvermeidliche Abkühlung der Raumluft durch Stoßlüften hält nur für wenige Minuten an und ist aus medizinischer Sicht unbedenklich.“

 

Text: Achim Kaemmerer
Foto: Alexandra Koch/Pixabay

 


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