Wird Parken in Innenstädten kaum noch bezahlbar?

19.05.2023

Auto abstellen ‚nicht mehr zum Nulltarif‘? – Anwohnerparkgebühren steigen teilweise um das zehnfache

Ganz Deutschland spricht von der „Verkehrswende“ – also u.a. der Umstieg vom motorisierten Kraftfahrzeug auf den ÖPNV oder das Fahrrad. Aber wenn man sich in den Innenstädten, Metropolen und Ballungszentren so umschaut, merkt man davon nicht viel.

Im Gegenteil: Irgendwie scheint der Kraftfahrzeug-Verkehr sogar noch zugenommen zu haben. Beim Statistischen Bundesamt heißt es sogar: „Anfang 2023 waren in Deutschland 60,1 Millionen Kraftfahrzeuge zugelassen. Das seit vielen Jahren ungebrochene Wachstum führte 2023 zu einem neuen Höchststand.“

 

Mehr Fahrzeuge bedeutet auch: Mehr Spannungen beim „Kampf“ um die Stellplätze.

Parkraum in den Städten ist seit jeher ein Aufreger-Thema – und jetzt erst recht. Während Umweltschutzorganisationen fordern, den Autoverkehr in den Cities so unattraktiv wie möglich zu machen, wollen sich Pro-Auto-Verbände ihrer „Freiheit“ nicht berauben lassen.

 

Umwelthilfe fordert „Ende des kostenlosen Parkens“

Zur anstehenden Reform des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ein „Ende des kostenlosen Parkens im öffentlichen Raum“, um den „Trend zu immer mehr Autos umzukehren“.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) solle den Kommunen „Mindestgebühren für die Parkplatznutzung“ vorgeben und eine „flächendeckende Parkraumbewirtschaftung anordnen“. Die Einnahmen aus den Parkgebühren sollten in den Ausbau von ÖPNV-Angeboten sowie von Rad- und Gehwegen fließen.

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Städte erhöhen Anwohnerparkgebühren drastisch

Ausnahmen fordert der Umweltschutzverband lediglich für die angesiedelte Bevölkerung, wobei ein Anwohnerparkausweis mindestens 360 Euro im Jahr und maximal 480 Euro – je nach Fahrzeuglänge – kosten sollte. In Freiburg beispielsweise habe dies zu einem Rückgang der Anträge auf Anwohnerparkausweise um fast 50 Prozent geführt. Zusätzlich ging die Anzahl der privat zugelassenen Pkw in den bewirtschafteten Zonen um 2,2 Prozent zurück, sagt die DUH.

 

Und in der Tat: Viele Städte wollen nun die Anwohnerpark-Gebühren drastisch erhöhen. Zuletzt hat beispielsweise der Stadtrat von Düsseldorf (mit Mehrheit von CDU und Grünen) eine Anhebung von 30 Euro (seit 1993 unverändert) auf 240 bis 360 Euro pro Jahr – je nach Zone – ab Oktober 2023 beschlossen.

Andere Städte, etwa das benachbarte Hilden, sind da mit 120 Euro/Jahr ab 2025 wesentlich moderater.

In Neuss gilt jetzt schon 120 Euro/pro Jahr. Dieser Betrag soll in 2024 und 2026 jeweils um das gleiche Niveau angehoben werden.

In Bonn werden seit vergangenem März 180 Euro/Jahr, ab dem 1. März 2024 dann 360 Euro/Jahr fällig.

 

Warum ist das nötig?

In der Beschlussvorlage für den Düsseldorfer Stadtrat erläutert die Stadtverwaltung: „Mit der bisherigen, jahrzehntelang bundeseinheitlich geregelten Gebührenhöhe, die nur den Verwaltungsaufwand abdecken durfte, wurde der öffentliche Raum nahezu zum Nulltarif zur Verfügung gestellt. Dies passt vor dem Hintergrund des Erfordernisses einer neuen Mobilitätskultur, der hohen Kosten für die Herstellung eines privaten Stellplatzes, des knappen öffentlichen Raums (...) nicht mehr zur gesamtstädtischen Strategie der Verkehrsentwicklung, insbesondere nicht hinsichtlich des Parkraummanagements.“

Also: Kostenloses Parken soll keine Selbstverständlichkeit mehr sein – das gilt auch für Anwohnerinnen und Anwohner.

 

Wie aber werden die neuen hohen Beträge gerechtfertigt?

Dazu erklärte das Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in einem Urteil vom Juli 2022 (vereinfacht ausgedrückt):

Es müsse einen Ausgleich zum „besonderen Vorteil für die Bewohner“ geben, die den öffentlichen Parkraum ohne Zahlungspflicht nutzen. Die Gebühren hätten außerdem einen „Lenkungseffekt“, um den Kfz-Verkehr im innerstädtischen Bereich zu reduzieren, was zu weniger Treibhausgasen führt und daher einen Beitrag zum „staatlichen, grundgesetzlich geschützten Klimaschutzziel“ leistet.

 

Zur Gebührenhöhe erklärt die Stadtverwaltung Düsseldorf weiter: Die Anwohnerparkgebühren müssten mit den „jährlichen Kosten für einen Stellplatz in einem Parkhaus“ verglichen werden. Und diese Kosten lagen bisher „zwischen dem zwei- und zehn-fachen der Bewohnerparkgebühr“. Daher jetzt die Anhebung von 30 auf 360 Euro.

Es soll allerdings auch Ermäßigungen „auf Grundlage des Sozialstaatsprinzips und des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes“ für „bestimmte Personenkreise“ zur „Abmilderung der wirtschaftlichen Belastung“ geben.

 

Was sagen die Gegner?

Am Beispiel Düsseldorf wird der Konflikt deutlich. Die SPD-Ratsfraktion spricht sich zwar auch für die Verkehrswende und eine Erhöhung der Anwohnerparkgebühren aus. Die jetzt beschlossene Lösung aber sei „unsozial, unökologisch, strategisch falsch aufgestellt“ und enthalte „grobe handwerkliche Fehler“. Die Gebühren müssten „nach der unterschiedlichen Einkommenshöhe differenziert werden“, vor allem für „Familien im unteren und mittleren Einkommensbereich“. Und SUVs sollten anders bewertet werden als kleinere PKW.

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Die FDP spricht sich grundsätzlich gegen Parkraum-Reduzierung als Klimaschutzmaßnahme aus.
„Wenn vor Ort eine ideologische Verkehrspolitik die Erreichbarkeit des Einzelhandels erschwert und das Parkplatzangebot knapp und teuer ist, sehen viele Gewerbetreibende keine Zukunft mehr für ihre Geschäfte“, heißt es in einem Beschluss vom 8. Mai 2023.

Um die Erreichbarkeit der Innenstädte auch für Autos zu verbessern, wollen die Freien Demokraten kostenloses Kurzparken ermöglichen und das Halten im eingeschränkten Halteverbot künftig für fünf statt bisher drei Minuten erlauben.

„Dadurch erleichtern wir besonders älteren Menschen den nahen Kurzeinkauf, zum Beispiel in Bäckereien oder Apotheken“, sagt FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Mit der Einführung einer so genannten "Brötchentaste" an Parkscheinautomaten sollen Autofahrer ihr Fahrzeug für kurze Zeit kostenlos abstellen können, um schnell in Geschäften einkaufen zu gehen. Damit „sichern wir die soziale Teilhabe und steigern zugleich die Attraktivität der Innenstädte“, so die FDP.

 

Die Beispiele zeigen: Zankapfel Parkplatz – der Konflikt spitzt sich zu.

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Symbolfoto: Rudi Arlt/Pixabay

 


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