
Wer streikt eigentlich für was?
Es gibt zwei Verhandlungsebenen – wer soll das noch auseinanderhalten?
Zwei Tage hintereinander Streik bei der Rheinbahn. Auch am Dienstag, 20. Oktober, bleiben Busse und Straßenbahnen in den Depots. Die Pendler müssen also wieder einmal wegen der Uneinigkeit zwischen der Gewerkschaft ver.di und den Kommunalen Arbeitgeberverbänden (VKA) schauen, wo sie bleiben. Zugleich sind Arbeitsniederlegungen in öffentlichen Behörden angekündigt.
Aber warum eigentlich können sich die Parteien nicht einigen? Was läuft da eigentlich in den Verhandlungen?
Haben wir nachgefragt. Und vorweg: Es ist etwas verwirrend.
Denn verhandelt wird gleich auf zwei Ebenen, wie uns ver.di und die KVA einhellig mitteilen.
____________________________________________________________________________________________________________
***Anzeige***
Verpasse kein Angebot aus Deiner Stadt. Lass Dich über unseren kostenlosen Newsletter informieren.
___________________________________________________________________________________________________________
Entgelt-Verhandlungen aus Bundesebene
Also: Am 22. und 23. Oktober wird in Potsdam auf Bundesebene verhandelt. Dabei geht es vornehmlich um das Entgelt für die Beschäftigten im gesamten öffentlichen Dienst (also Nahverkehr und alle anderen Sparten wie Öffentliche Verwaltungen, Gesundheitssystem etc.).
Die VKA haben u.a. angeboten:
- Eine lineare Erhöhung um 3,5% (ab März 2021 um 1%, mindestens 30€; ab dem 1. März 2022 um weitere 1% und weitere 1,5% ab dem 1. März 2023.
- Eine Corona-Sonderzahlung in Höhe von 300 Euro.
- Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit im Tarifgebiet Ost in zwei Schritten (2023 und 2024) auf 39 Stunden wöchentlich.
- Beschäftigte von Krankenhäusern, Pflege- und Betreuungseinrichtungen sollen eine monatliche Pflegezulage von 50 Euro erhalten. Die Zulage für den regelmäßigen Einsatz in Wechselschichten wird von 105 Euro auf 155 Euro erhöht. Schließlich wird die Intensivzulage von 46,02 Euro auf 96 Euro angehoben und damit mehr als verdoppelt. Zusammen führe das laut VKA zu einem Gehaltsplus von bis zu 8,5 Prozent.
- Beschäftigte in den Gesundheitsämtern erhalten für ihren besonderen Einsatz in der Corona-Pandemie in den nächsten zwei Jahren Sonderzahlungen von insgesamt maximal 1.200 Euro. Die Fachärztinnen und Fachärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst erhalten zusätzlich eine monatliche Zulage von 150 Euro.
Das lehnt ver.di als unzureichend ab: „Das heute von Arbeitgeberseite abgegebene Angebot ist für die Kolleginnen und Kollegen eine echte Provokation“, sagt die Landesbezirksleiterin ver.di NRW, Gabriele Schmidt. Insbesondere für die Pflegeberufe bliebe das Angebot der Arbeitgeber hinter dem zurück, was Politik und Öffentlichkeit noch zu Beginn der Pandemie forderten: „Wir haben bereits befürchtet, dass auf das Klatschen nichts folgen wird. Dieses Angebot hat es jetzt unter-mauert. So gewinnt man keine Fachkräfte für Krankenhäuser und Pflege.“
Verhandlungen über Arbeitsbedingungen im Nahverkehr NRW
Am 6. und 7. November gibt es eine weitere Verhandlungsrunde – diese bezieht sich auf NRW und speziell für den Nahverkehr. Und dabei geht es weniger um Löhne, sondern um Arbeitsbedingungen.
ver.di fordert hier:
- Die Lohngruppe 5a abschaffen und alle Fahrerinnen und Fahrer in die Lohngruppe 5 (in ihrer jeweiligen Stufe) eingruppieren
- Ist die Endstufe der Gruppe 5 erreicht, sollen die Fahrerinnen und Fahrer in die Lohngruppe 6 kommen. Bisherige Besitzstände sollen garantiert werden.
- Gesetzliche Feiertage sollen für alle – also z.B. auch im Fahrdienst – gelten bzw. es sollen Ersatz-Freie-Tage gewährt werden – so wie dies derzeit schon in Werkstatt und Verwaltung gilt.
- Alle tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten sollen vollständig vergütet werden, zum Beispiel die Vorbereitungs- und Nachbereitungszeiten, Wegezeiten im Dienst, Abrechnungszeiten und auch die Zeiten bei verspäteter Einfahrt. Einen Abzug von Wendezeiten und Fahrtunterbrechungen über die gesetzlich festgelegte halbe Stunde hinaus (10 Stunden reale Arbeit bei 8 Stunden vereinbarter Arbeit) will die Gewerkschaft nicht akzeptieren.
- Auch der Fahrdienst soll unter die Kriterien der Schichtarbeit fallen und damit mehr Geld und mehr Erholungszeiten für die wechselnden Arbeitszeiten bekommen: Die Mindestruhezeiten zwischen zwei Diensten sollen von 10 auf 12 Stunden erhöht werden.
- Arbeitszeitverkürzung auf 37 Stunden wöchentlich in Verbindung mit einer Deckelung der Wochen-Arbeitszeit, damit die verkürzte Wochen-Arbeitszeit nicht durch Überstunden „ausgehöhlt“ wird.
Wofür waren und sind jetzt eigentlich die Streiks am Montag und Dienstag?
Dazu erklärt Peter Büddicker; Landesfachbereich Verkehr bei ver.di NRW: „Am Montag für bessere Arbeitsbedingungen, am Dienstag für mehr Entgelt.“ Daher wird nicht nur die Rheinbahn, sondern auch der öffentliche Dienst im allgemeinen bestreikt,
Und wer soll das eigentlich noch auseinander halten? „Wegen Corona konnten wir im Frühjahr nicht verhandeln. Deshalb gibt es jetzt die Parallelverhanndlungen", so Büddicker,
Text: A.Kaemmerer
Foto: Peggy und Marco Lachmann-Anke / Pixabay
Ihr wollt uns Eure Meinung sagen? Gerne per Mail an [email protected] oder als Kommentar bei Facebook.
Euch hat unser Beitrag gefallen? Dann liked und teilt ihn gerne.