Pläne für Heizungs-Wechsel: Kritiker lassen Dampf ab

20.04.2023

Reichlich Druck im Kessel: Gesetzentwurf kommt nicht gut an

Wärmepumpe, Wasserstoff oder Solarthermie statt Öl- oder Gasheizung – das will der Grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bei Neuinstallationen ab 2024 erreichen.
Die Bundesregierung hat nun am 19. April die 2. Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) im Bundeskabinett beschlossen.

Hier geht’s zum Regierungsentwurf

„Mit dem Gesetzentwurf wird der Umstieg auf erneuerbare Energien beim Heizen und bei der Warmwasserbereitung gesetzlich verankert und so die Dekarbonisierung des Wärmebereichs eingeleitet und schrittweise umgesetzt“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Kern des Gesetzes: „Grundsätzlich muss ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung (in Neubau und Bestandsgebäuden, Wohn- und Nichtwohngebäude) mindestens 65% erneuerbare Energie nutzen. Bestehende Heizungen sind nicht betroffen und können weiter genutzt werden. Auch Reparaturen sind weiter möglich. Enddatum für die Nutzung fossiler Brennstoffe in Heizungen ist der 31. Dezember 2044.“

 

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Was zählt zu den „erneuerbaren, bzw. klimafreundlichen Heizungen“? Zum Beispiel: Anschluss an ein Wärmenetz, elektrische Wärmepumpe, Stromdirektheizung, Hybridheizung, Wasserstoff, Solarthermie, Biomasse, Biomethangas oder biogenes Flüssiggas.
Es soll „ausreichende Übergangsfristen und Ausnahmen“ geben, etwa bei einer „Heizungshavarie“, Eigentümerinnen und Eigentümer, die das 80. Lebensjahr vollendet haben und die ein Gebäude mit bis zu sechs Wohnungen selbst bewohnen.

Bei Härtefallregelung soll berücksichtigt werden, „ob die notwendigen Investitionen in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag oder in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gebäudes stehen“.

 

Für den Klimaschutz ist die Maßnahme sicherlich förderlich. Doch seit den ersten Ankündigungen sind Wohneigentümerinnen und -eigentümer nervös geworden: „Wie soll ich das finanzieren?“ Schließlich kann so eine Investion bis zu 40.000 Euro kosten.
Ebenfalls am 19. April hat die Bundesregierung ein „Förderkonzept zum erneuerbaren Heizen“ auf Basis der „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG) vorgestellt.

Es soll finanzielle Unterstützung in Form von Zuschüssen, Krediten oder den bereits vorhanden Möglichkeiten für Steuergutschriften geben.

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Soweit also der Gesetzesvorschlag. Nun aber hagelt es ordentlich Kritik für diesen Vorstoß.

 

Deutsche Umwelthilfe e.V.: „Kniefall vor der Gass- und Heizungslobby“

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will natürlich auch den Umstieg. Die jetzt vorgestellte Novelle aber „führt zu der absurden Situation, dass klimaschädliche fossile Heizungen mit Steuergeld gefördert und einkommensschwache Haushalte und vor allem Mieterinnen und Mieter nicht zielgerichtet unterstützt werden“, meint Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz: „Der heutige Beschluss im Bundeskabinett ist ein Kniefall vor der Gas- und Heizungslobby und torpediert die für den Klimaschutz unerlässliche Wärmewende. Die Regierung ermöglicht, dass über das nächste Jahrzehnt weiterhin fossile, klimaschädliche Heizungen in Gebäude eingebaut werden. Scheinlösungen wie H2-Ready-Heizungen werden sogar noch mit Steuergeld gefördert. Das ist vollkommen absurd und rückt die Einhaltung des Pariser 1,5-Grad-Limits in weite Ferne. Dazu werden Fördergelder mit der Gießkanne auch an Vielverdiener verteilt, anstatt im Wesentlichen einkommensschwache Haushalte in ausreichendem Maße zu fördern. Ein geringfügiger Bonus für Empfängerinnen und Empfänger von Sozialleistungen wird der sozialen Herausforderung der Wärmewende keinesfalls gerecht. Hinzu kommt, dass mit einer bürokratischen und langwierigen Beantragung gerade vulnerable Haushalte abgeschreckt werden. Wenn die Bundesregierung ihrem Versprechen nachkommen will, niemanden bei der Wärmewende zurückzulassen, muss sie sich gezielt auf Haushalte mit hohem Unterstützungsbedarf ausrichten und eine unkomplizierte Abwicklung – wie etwa bei der Förderung von E-Autos – gewährleisten. Statt 200 Milliarden Sondervermögen alleinig in fossile Subventionen zu lenken, könnte die Bundesregierung hier mit einer Vollfinanzierung von ausschließlich erneuerbaren Heizungslösungen Millionen von Haushalte aus der fossilen Abhängigkeit befreien und die breite Akzeptanz einer klimaneutralen Wärmeversorgung voranbringen."

 

CDU/CSU: „Unerfüllbare Auflagen – Eigentümer und Mieter plagt die Angst vor Kosten“

Der klimaschutz- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andreas Jung, meint: „Parallel zum Gesetzentwurf geht der Zoff der Ampel weiter. Die zentrale Frage vieler Menschen ist noch immer nicht beantwortet: Wenn ich eine neue Heizung brauche, was kommt auf mich zu und welche Unterstützung gibt es dafür? Wir brauchen gleiches Recht für alle Öko-Heizungen und eine verlässliche Förderung. Stattdessen etabliert die Ampel eine Zwei-Klassen-Gesellschaft klimafreundlicher Heizungen und die Finanzierung der versprochenen Unterstützung wurde heute nicht im Kabinett beschlossen.“
„Einseitigkeit statt Technologieoffenheit“ wirft Jung der Koalition vor: „Wasserstoff bleibt ein Papiertiger: Die Option wird vorne ins Fenster gestellt, aber durch hohe Hürden für die Nutzung von grünen Gasen durch die Hintertür direkt wieder kassiert. Nachhaltige Biomasse wird im Neubau sogar komplett ausgeschlossen und ansonsten mit vielen Auflagen belegt. Selbst für Wärmenetze werden hohe Hürden aufgebaut. Die Wahlfreiheit wird so zur Farce. Die Wärmewende wird aber nur zum Erfolg, wenn für jedes Haus die individuell beste Lösung ermöglicht wird und bei der Umsetzung niemand überfordert wird."

 

Kollegin Anne König ergänzt: „Der geplante Heizungs-Zwangstausch der Ampel-Regierung greift tief in das Eigentum der Menschen ein. Die Ampel macht rigide und unerfüllbare Vorgaben, die das Eigenheim, den privaten Rückzugsort, die Immobilie für die Altersvorsorge betreffen.
Der Gesetzesentwurf ist ein wahrer Bürokratie-Dschungel, der noch dazu hohe Anforderungen stellt. Auf Eigentümer, Mieter, Wohnungsbaugesellschaften sowie Wärmenetzbetreiber kommen unkalkulierbare Kosten zu. Nicht wenige plagt die Angst, ob sie sich mit den teuren Plänen von Bundesminister Habeck und Bundesministerin Geywitz das Dach über ihrem Kopf überhaupt noch leisten können. Mit dem Wirrwarr der letzten Wochen und diesem Beschluss setzt die Ampel-Regierung die Akzeptanz für den Klimaschutz aufs Spiel.
Wenn das Ziel des Klimaschutzes klar ist, dann kann und muss man die Wohnungseigentümer darüber entscheiden lassen, wie sie in Zukunft heizen wollen.“

 

Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle: Heizungstausch wird zum Fiasko für Gebäudebestand

Der Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG) kritisiert die Zusatzförderung in Form eines Bonus für den Heizungstausch: „Die Strategie der Bundesregierung ist einseitig und droht, zum Fiasko für den Gebäudebestand in Deutschland zu werden“, sagt Geschäftsführer Jan Peter Hinrichs. „Ein zusätzlicher Bonus zu den bereits sehr ungleichen Fördersätzen von Heizungen zur Gebäudehülle ist alles andere als sinnvoll. Gerade, weil noch sehr viele Gebäude nicht auf die erneuerbare Heiztechnik vorbereitet sind. Dies zeigt, dass das Vorgehen der Bundesregierung nicht zu Ende gedacht ist."

Die Politik könne „die Physik nicht aushebeln“, heißt es weiter: „Mit dem jetzt vorgestellten Förderungetüm werden nur kurzfristig die Investitionskosten unterstützt. Der Bedarf an Energie und damit die laufenden Kosten werden jedoch nicht gesenkt. Richtig wäre es, erst den Energiebedarf der Gebäude durch Sanierungsmaßnahmen zu senken, dann kann auch eine Wärmepumpe ihre volle Wirkung entfalten. Und auch die vielerorts überlasteten Stromnetze würden vor dem Kollaps bewahrt. Die Politik muss hier eindeutig nachbessern und auch Dämmung, Fenster & Co. mit in der Strategie der Wärmewende gleichberechtigt berücksichtigen.“


Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena): Wichtige Meilensteine, aber ausbaufähig

Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena), kommentiert den Gesetzentwurf: „Das Kabinett hat wichtige Weichen gestellt, die in den Bereichen Energieeffizienz und Gebäude Fortschritte bei den gesetzten Einsparzielen von Treibhausgasen bringen werden. Dies ist auch dringend notwendig, denn die Hälfte der Strecke, die wir mit Blick auf die Klimaziele zu gehen haben, beruht auf Einsparungen von Energie in allen Sektoren. (…)
Beide Kabinettsentwürfe sind Meilensteine, bei beiden sieht die dena allerdings auch noch Handlungs- bzw. Nachbesserungsbedarf, der in den bevorstehenden parlamentarischen Beratungen berücksichtigt werden sollte.“

 

Die Regelungen seien nicht ausreichend, um die geltenden, ambitionierten Ziele zu erreichen oder künftige, noch ambitioniertere Ziele zu erfüllen: „Notwendig wären konkrete Umsetzungspflichten nicht nur für die Abwärmenutzung oder die Effizienz von Rechenzentren, sondern auch allgemein für wirtschaftliche Maßnahmen zur Endenergieeinsparung – im vorliegenden Entwurf gibt es davon nur noch wenige. Positiv ist die verpflichtende Einführung von Energie- bzw. Umweltmanagementsystemen bei größeren Energieverbrauchern, denn das schafft Transparenz und ist häufig der erste Schritt zu eigenen Aktivitäten.“

Es fehlten außerdem viele wichtige Energieeffizienzthemen: „Um weitere Effizienzpotenziale zu erschließen, sollten auch der Ausbau digitaler und interaktiver Informations- und Beratungsangebote, die Energiedatentransparenz inklusive Smart Meter-Nutzung, aber auch die Marktentwicklung bei Energiedienstleistungen - von Energieberatung bis Energieeinsparcontracting - viel stärker vorangetrieben werden.“

 

Bericht/Zusammenstellung: Achim Kaemmerer
Foto: byrev/Pixabay

 


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