IQB-Bildungstrends: Immer mehr Lernschwächen bei Viertklässlern

Unter anderem wegen Schulschließungen haben sich die Leistungen verschlechtert

„Die Kompetenzen der Viertklässler in den Fächern Deutsch und Mathematik sind gegenüber den Ergebnissen aus den Jahren 2011 und 2016 bundesweit deutlich zurückgegangen“, teilt die Kultusministerkonferenz der Bundesländer am 17. Oktober mit.

Das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) hatte zum dritten Mal untersucht, inwieweit Viertklässlerinnen und Viertklässler die bundesweit geltenden Bildungsstandards für den Primarbereich in den Ländern erreichen. Die Daten zum IQB-Bildungstrend 2021 wurden zwischen April und August 2021 erhoben, ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie.

 

Die Bilanz: „Der Anteil der leistungsstarken Schülerinnen und Schüler, die den Regelstandard erreichen oder übertreffen, hat in beiden Fächern abgenommen. Zugleich hat der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die den Mindeststandard nicht erreichen und damit ein hohes Risiko für einen weniger erfolgreichen Bildungsweg aufweisen, in allen Kompetenzbereichen teils deutlich zugenommen“, heißt es in einer Presseerklärung. "Die Daten belegen auch in der bundesweiten Betrachtung eine Verstärkung des Zusammenhangs zwischen sozialem Hintergrund der Kinder und erreichtem Kompetenzniveau (soziale Disparitäten). Zudem fallen die Kompetenzeinbußen für Kinder mit Zuwanderungshintergrund – insbesondere für Kinder der ersten Generation, die selbst im Ausland geboren sind – überwiegend größer aus als für Kinder ohne Zuwanderungshintergrund. Bei insgesamt sinkendem Kompetenzniveau haben sich die zuwanderungsbezogenen Disparitäten in allen Bereichen verstärkt.“

 

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Wichtigste Ergebnisse

Im Lesen im Fach Deutsch beträgt der Mittelwert der erreichten Kompetenzen im Jahr 2021 in Deutschland insgesamt 471 Punkte (2016: 493; 2011: 500), im Zuhören 456 Punkte (2016: 484; 2011: 500) und in der Orthografie 473 Punkte (2016: 500; 2011: nicht berichtet). Im Fach Mathematik (Globalskala) werden im Mittel 462 Punkte (2016: 483; 2011: 500) erreicht.

 

Regelstandard in allen untersuchten Fächern und Kompetenzbereichen:

Lesen: -8 Prozentpunkte

Zuhören und Orthografie: -10 Prozentpunkte

Mathematik: -7 Prozentpunkte.

 

Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die den Mindeststandard verfehlen, hat in allen Bereichen signifikant zugenommen:

Lesen: +6 Prozentpunkte

Zuhören und Orthografie: +8 Prozentpunkte

Mathematik: +6 Prozentpunkte.

 

Im Fach Deutsch sind die geschlechtsbezogenen Disparitäten in Deutschland insgesamt und in den Ländern im Vergleich zu den Jahren 2011 und 2016 weitgehend stabil geblieben. In Mathematik ist seit 2016 eine geringfügige Zunahme zu verzeichnen.

Mädchen erzielen demnach im Fach Deutsch im Mittel höhere Kompetenzwerte als Jungen, wobei der Kompetenzvorsprung im Bereich Orthografie mit 31 Punkten am größten ist, während er im Zuhören nur 5 Punkte beträgt.

Demgegenüber erzielen Jungen im Fach Mathematik Kompetenzwerte, die im Durchschnitt um 25 Punkte höher sind als die der Mädchen.

 

Die Ergebnisse seien auch auf die „pandemiebedingten Schulschließungen“ zurückzuführen und „weisen darauf hin, dass zwar der überwiegende Teil der Kinder zu Hause über gute Lernbedingungen verfügte, eine mangelnde Ausstattung den Lernerfolg aber beeinträchtigt haben kann.“

 

Die Ergebnisse der Studie gibt es hier zum Nachlesen…

Pressemappe

Reaktionen und Konsequenzen

Karin Prien, Präsidentin der Kultusministerkonferenz und Bildungsministerin Schleswig-Holstein: „Die Ergebnisse sind ernüchternd. Wir waren zwar bis 2016 in einzelnen Ländern auf einem guten Weg, die Bildungschancen der Viertklässlerinnen und Viertklässler zu verbessern. Jetzt aber sind wir deutlich zurückgefallen. Zum anderen wird deutlich, dass wir zu spät im Bildungsverlauf mit systematischer Diagnostik und differenzierter Förderung beginnen. Wir investieren in Deutschland zu wenig in den Elementarbereich. Bereits in der Kita müssen wir insbesondere den Erwerb und die Förderung von Deutsch als Bildungssprache und Vorläuferfähigkeiten im Bereich Mathematik in den Blick genehmen.

Außerdem ist die Zusammensetzung der Schülerschaft seit 2016 (...) entsprechend der gesellschaftlichen Erwartung an Schule inklusiver geworden. Das hat Auswirkungen auf die Heterogenität und die damit verbundenen Herausforderungen für Lehrkräfte.“

 

Ties Rabe, A-Länderkoordinator und Hamburgs Schulsenator: „Der IQB-Bildungstrend zeigt, dass die monatelangen Schulschließungen tiefe Spuren hinterlassen haben. Es war deshalb richtig, dass sich die Kultusministerkonferenz gegen erhebliche Widerstände immer wieder für offene Schulen eingesetzt hat.

Gleichzeitig zeigt der IQB-Bildungstrend, dass auch ohne Corona die Leistungen der Schülerinnen und Schüler zurückgehen. Wir haben offensichtlich noch nicht die richtigen Antworten auf die wachsende Zahl von Schülerinnen und Schüler gefunden, die zu Hause weniger Rückenwind bekommen und einen weiteren Weg zum Bildungserfolg haben. Deshalb brauchen wir jetzt eine Diskussion über eine wirksamere Pädagogik, die größere Bildungserfolge bei den Kernkompetenzen erzielt.“

 

Theresa Schopper, Kultusministerin Baden-Württemberg: „Die Basiskompetenzen sind für das weitere Lernen von zentraler Bedeutung. Dass insbesondere Kinder aus sozial weniger privilegierten Familien oder mit einem Zuwanderungshintergrund schlechter abschneiden, zeigt, dass wir noch großen Nachholbedarf bei der Bildungsgerechtigkeit haben.

(...) Das wird ein Weg sein, bei dem wir einen langen Atem brauchen werden, denn Schulschließungen und Fernlernen haben die Schere bei den Schülerleistungen noch weiter auseinandergehen lassen.“

 

Quelle: PM Kultusministerkonferenz

Fotos: G.Altmann/U.Mai / Pixabay
Collage: anzeiger24.de

 


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