Bundesverfassungsgericht: Kein Corona-Geld für Klimaschutz

15.11.2023

Nicht gebrauchte Mittel aus Pandemie-Fonds dürfen nicht „zweckentfremdet“ werden: Jetzt sind 60 Milliarden Euro futsch

Die Bundesregierung darf die Kreditermächtigung in Höhe von 60 Milliarden Euro, die für Maßnahmen in der Corona-Pandemie vorgesehen waren und nicht verwendet wurden, nicht für den „Energie- und Klimafonds“ (EKF, später in „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) umbenannt) einsetzen. Das Bundesverfassungsgericht erklärte in seinem Urteil am 15. November 2023 das „zweite Nachtragshaushaltsgesetz“ (beschlossen am 27. Januar 2022) für grundgesetzwidrig und nichtig.


Mit diesen Mitteln wollte die Ampelkoalition der Bundesregierung „klima- und transformationspolitische Vorhaben“ finanzieren, man könnte auch sagen: „zweckentfremden“.

 

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte diese Maßnahme direkt bei der Entscheidung im Bundestag kritisiert, weil es „an den Grundfesten der sogenannten Schuldenbremse rüttele“ und vor dem obersten deutschen Gericht geklagt.

 

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Die Begründung

„Das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 entspricht nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an notlagenbedingte Kreditaufnahmen“, urteilte nun der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts, und das aus drei Gründen:

„Erstens hat der Gesetzgeber den notwendigen Veranlassungszusammenhang zwischen der festgestellten Notsituation und den ergriffenen Krisenbewältigungsmaßnahmen nicht ausreichend dargelegt.

Zweitens widerspricht die zeitliche Entkoppelung der Feststellung einer Notlage (…) vom tatsächlichen Einsatz der Kreditermächtigungen den Verfassungsgeboten der Jährlichkeit und Jährigkeit. Die faktisch unbegrenzte Weiternutzung von notlagenbedingten Kreditermächtigungen in nachfolgenden Haushaltsjahren ohne Anrechnung auf die „Schuldenbremse“ bei gleichzeitiger Anrechnung als „Schulden“ im Haushaltsjahr 2021 ist demzufolge unzulässig.

Drittens verstößt die Verabschiedung des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021 nach Ablauf des Haushaltsjahres 2021 gegen den Haushaltsgrundsatz der Vorherigkeit aus Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG.“

 

Was bedeutet das nun?

Die Bundesregierung darf nun die 60 Milliarden Euro nicht für Klimaschutz-Maßnahmen verwenden. Das Urteil reißt also ein weiteres großes Loch im Staatshaushalt auf.

Die Frage ist also, wie die Finanzierungslücke anderweitig geschlossen werden kann – etwa weitere Schulden oder höhere Steuern und Abgaben? Dabei hat sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) immer für die strikte Einhaltung der Schuldenbremse eingesetzt. 

 

Bundeskanzler Scholz reagierte kurz nach der Urteilsverkündung: „Wir werden nun den Richterspruch, seine umfassende Begründung und seine Folgen gemeinsam mit dem Deutschen Bundestag genau beachten.“

Die Bundesregierung werde nun "den Wirtschaftsplan des Fonds zügig überarbeiten, die nötigen Veränderungen vornehmen und einen neuen Wirtschaftsplan beschließen"

 

Am Zeitplan für den Bundeshaushalt 2024 hält die Bundesregierung trotz des Urteils fest: „Der Deutsche Bundestag wird seine Beratung über den Haushalt 2024 wie geplant fortsetzen." Geplant sei, den Bundeshaushalt am 1. Dezember 2023 im Parlament zu beschließen.

 

CSU sieht bereits das "Ende der Ampel-Koalition" – CDU: "Schuldenbremse entlastet künftige Generationen"

Josef Zellmeier, finanzpolitischer Sprecher der CSU-Fraktion, kommentiert das Urteil "Klare Worte aus Karlsruhe: Haushaltstricks und übermäßige Verschuldung bleiben tabu. Das Ende der Bundesregierung dürfte eingeläutet sein, nachdem ihr das Bundesverfassungsgericht auf Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Boden unter den Füßen weggezogen hat. Als CSU-Fraktion sehen wir unsere Politik der ausgeglichenen Haushalte bestätigt. Die Schuldenbremse ist Markenkern der Union. Wir werden sie weiterhin gegen linke und leistungsfeindliche Umverteilung schützen."

 

Der CDU-Politiker und Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestags, Helge Braun ergänzt im Interview mit dem TV-Sender phoenix: "Die kommenden Generationen werden riesige Ausgaben zu schultern haben, zum Beispiel wegen der Anpassung an den Klimawandel. Deswegen ist es wichtig, dass wir in normalen Jahren die Schuldenbremse einhalten und nicht eine Dauerausnahme machen".

Genau das habe Finanzminister Lindner mit der Verschiebung von Schulden aus den Krisenjahren in die Folgejahre gemacht. Durch das Urteil des Bundesverfassungsgericht "haben wir in Zukunft wieder Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit, und das ist gerade für kommende Generationen sehr wichtig."

Christian Lindner müsse nun klare Prioritäten setzen: "Alles, was Wachstum schafft, unsere innere und äußere Sicherheit und der Klimaschutz", diese Aufgaben dürften nun nicht mehr verfassungswidrig finanziert werden.

 

Bericht/Zusammenstellung: Achim Kaemmerer
Fotos: Pixabay

 


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