Destatis: Kinderarmut hängt von Bildung der Eltern ab

26.07.2023

Armut oder soziale Ausgrenzung bedrohen ein Viertel der Familien

„Wie stark Kinder und Jugendliche von Armut bedroht sind, hängt auch von der Bildung ihrer Eltern ab“, hat das Statistische Bundesamt (Destatis) herausgefunden: „Die Armutsgefährdungsquote von unter 18-Jährigen, deren Eltern über einen niedrigen Bildungsabschluss wie etwa einen Haupt- oder Realschulabschluss ohne beruflichen Abschluss als höchsten Abschluss verfügten, lag 2022 in Deutschland bei 37,6%. Unter Kindern und Jugendlichen von Eltern mit einem mittleren Bildungsabschluss waren 14,5% armutsgefährdet.“

 

Das habe eine Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) ergeben: „Zu den mittleren Bildungsabschlüssen zählen beispielsweise eine abgeschlossene Berufsausbildung oder das Abitur. Hatten die Eltern einen höheren Bildungsabschluss wie etwa einen Meistertitel oder ein abgeschlossenes Studium als höchsten Abschluss, waren 6,7% der Kinder und Jugendlichen von Armut bedroht.“ 

Zum Vergleich: Insgesamt waren in Deutschland im vergangenen Jahr knapp 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren armutsgefährdet. Das entspricht einer Armutsgefährdungsquote von 14,8 %.

 

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Was ist „Armut“?

Nach EU-SILC gilt eine Person als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60% des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2022 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 1 250 Euro netto im Monat, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren waren es 2 625 Euro netto im Monat, sagt die Behörde.
Im Jahr 2022 war knapp jede oder jeder vierte (24%) unter 18-Jährige in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, heißt es weiter: „Armut oder soziale Ausgrenzung sind bei einer Person gemäß Definition dann gegeben, wenn mindestens eine der folgenden drei Bedingungen zutrifft: Ihr verfügbares Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze, ihr Haushalt ist von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen oder sie lebt in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung.“

 

EU-weit 24,7% aller unter 18-Jährigen von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht

Im Vergleich zu anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) lag das Risiko für Armut oder soziale Ausgrenzung für Kinder und Jugendliche in Deutschland 2022 mit 24,0 % nur knapp unter dem Durchschnitt: EU-weit waren im vergangenen Jahr 24,7 % der unter 18-Jährigen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Dennoch war der Anteil der armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Kinder und Jugendlichen in gut zwei Drittel aller EU-Staaten niedriger als hierzulande.
Kinder und Jugendliche in Slowenien (10,3 %; Armutsgefährdungsgrenze für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren bei 1 737 Euro netto im Monat), Tschechien (13,4 %; 1 275 Euro) und Dänemark (13,8 %; 3 492 Euro) waren am wenigsten einem Risiko für Armut oder soziale Ausgrenzung ausgesetzt. In Rumänien (41,5 %; 579 Euro), Bulgarien (33,9 %; 565 Euro) und Spanien (32,2 %; 1 765 Euro) war ihr Anteil am höchsten. Insgesamt waren im Jahr 2022 EU-weit rund 20 Millionen Kinder und Jugendliche von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.

 

Methodik der Erhebung

Die Ergebnisse entstammen der europäischen Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions, EU-SILC). EU-SILC ist die amtliche Hauptdatenquelle für die Messung von Armutsgefährdung und Lebensbedingungen in Deutschland und der EU.
Zur Berechnung der Armutsgefährdungsquote wird das von allen Haushaltsmitgliedern tatsächlich erzielte Haushaltseinkommen des Vorjahres herangezogen. Dieses Haushaltseinkommen wird auf die Personen des Haushalts nach einem Gewichtungsschlüssel (Äquivalenzskala) verteilt, der unterschiedliche Haushaltsstrukturen berücksichtigt sowie den Umstand, dass Personen in einem Haushalt durch das Zusammenleben Einspareffekte bei den laufenden Kosten erzielen.
Die Äquivalenzskala weist jeder Person im Haushalt ein Gewicht zu. Nach der modifizierten OECD-Skala, die bei EU-SILC angewendet wird, erhält die erste erwachsene Person stets das Gewicht 1. Jede weitere Person erhält ein Gewicht, das die Größenordnung des Mehrbedarfs berücksichtigen soll, der durch diese Person entsteht: Weitere Erwachsene und Kinder ab 14 Jahren erhalten das Gewicht 0,5, Kinder unter 14 Jahren das Gewicht 0,3. So ergibt sich bei einer Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren beispielsweise das Gesamtgewicht 2,1.

Das verfügbare Haushaltseinkommen wird nun durch die Summe der Gewichte dividiert. Das so ermittelte Einkommen der Personen wird als "bedarfsgewichtetes Äquivalenzeinkommen" bezeichnet und jeder Person im Haushalt als persönliches Äquivalenzeinkommen zugeschrieben.

 

Quelle: Statistisches Bundesamt
Foto: hunny0001/Pixavay

 


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