Wölfe abschießen? Das schlägt Bundesumweltministerin Steffi Lemke vor

So sollen Regelungen vereinfacht werden

In manchen Regionen von Deutschland tummeln sich wieder mehr Wölfe. Das freut beispielsweise Naturschützer. Weniger begeistert sind davon Betreiber von Tiergehegen und Weiden, zum Beispiel Schafhirten oder Geflügelbauern. Denn Wölfe haben nunmal die Eigenart, Beutetiere anzugreifen und zu reißen.

 

Wie damit umgehen? Die Naturschützer fordern, dass die Sicherheit für die Tiergehege verbessert werden müsse, die Betreiber hätten lieber Lockerungen bei den Vorschriften zum Abschießen der Wölfe.

 

Nun hat Bundesumweltministerin Steffi Lemke (BMUV) ihre Vorschläge vorgestellt, wie Wölfe nach Rissen schneller geschossen werden können.

 

Freigabe innerhalb von 21 Tagen und 1.000 Metern

Der Entwurf sieht vor:

  • Erlaubnis zur Schussfreigabe innerhalb von 21 Tagen lang, wenn sich ein Wolf im Umkreis von 1.000 Metern von der Rissstelle aufhält.
  • Das Ergebnis einer DNA-Analyse muss nicht – wie bisher – abgewartet werden.
  • Die Ausnahmegenehmigung für den Abschuss kann von den Behörden erteilt werden, nachdem ein Wolf zumutbare Herdenschutzmaßnahmen in zuvor festgelegten Regionen mit erhöhtem Rissvorkommen überwunden und Weidetiere gerissen hat.

Diese vorgeschlagenen Vorgehensweisen stünden „im Einklang mit dem europäischen Artenschutz“, so Lemke.

 

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Die Vorteile aus Sicht der Ministerin: schnellere Verfahren, mehr Schutz und Sicherheit für die Weidetierhalterinnen und -halter, Rechtssicherheit für die Bundesländer und Konsistenz mit europäischen und nationalen Regelungen.

 

Zusammen mit den Bundesländern soll bis Ende November 2023 eine Beschlussfassung erarbeitet werden.

„Parallel arbeite ich mit den Ländern an begleitenden Maßnahmen wie zum Beispiel der Erstellung von Musterbescheiden, die den Genehmigungsprozess in den Länderverwaltungen erheblich vereinfachen und entbürokratisieren sollen“, sagt Lemke. „Die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland hat zu Konflikten und Herausforderungen geführt. Für Weidetierhalterinnen und -halter ist es ein schwerer Verlust, wenn Tiere nach einem Wolfsriss verendet auf der Weide liegen, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch emotional. Diese Sorgen und Probleme nehme ich ernst. Mein Vorschlag ist unkompliziert umsetzbar und praktikabel, ohne langwierige nationale oder europäische Gesetzesänderungen. Denn es ist offensichtlich: Die Weidetierhalterinnen und -halter brauchen so bald wie möglich mehr Schutz und Sicherheit, gleichzeitig müssen wir das europäische Artenschutzrecht einhalten. Beide Ziele möchte ich zügig mit den Bundesländern voranbringen."

 

Deutsche Umwelthilfe begrüßt Vorschläge von Steffi Lemke

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), kommentiert: "Tiere müssen aus den Ställen raus auf die Weiden kommen. Gleichzeitig braucht es Beweidung für den Natur- und Klimaschutz, etwa um Moore und Auen zu renaturieren und das Insektensterben zu bremsen. Darum ist es wichtig, dass wir eine Koexistenz zwischen Weidehaltung und Wolf hinbekommen. Ein Ausspielen des einen gegen das andere darf es nicht geben. Der Wolf ist streng geschützt und auch der positive Trend der Bestandsentwicklung ändert nichts daran, dass die Tiere diesen Schutzstatus zu Recht genießen. Sie erfüllen wichtige Funktionen im Ökosystem und verändern den Wald und ganze Landschaften zum Positiven. Wir begrüßen daher, dass die Ministerin der unsachlichen Debatte um Abschwächungen des Naturschutzgesetzes bis zur Totalausrottung in so genannten wolfsfreien Gebieten heute eine praktikable, wissenschaftlich fundierte und zügig umsetzbare Lösung entgegengesetzt hat. Diese trägt dem Schutz der Wölfe und der Weidetiere Rechnung und lässt sich im Rahmen der bestehenden Gesetze und Schutzvorgaben umsetzen."

 

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Hintergrund

Der Wolf ist in Deutschland laut europäischer Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) streng geschützt und stellt eine prioritäre Art dar, für deren Erhaltung allen Staaten der Europäischen Union eine besondere Verantwortung zukommt.

 

Laut der aktuellen jährlichen Veröffentlichung des Bundesamts für Naturschutz (BfN) gab es für das Monitoringjahr 2022/2023 in Deutschland 184 Wolfsrudel, 47 Paare und 22 Einzelwölfe, das heißt in der Summe 253 Wolfs-Territorien.
Die meisten Wolfsrudel lebten im Wolfsjahr 2022/2023 in Brandenburg (52), gefolgt von Niedersachsen (39) und Sachsen (38). Anlässlich des Monitorings wurden im abgeschlossenen Monitoringjahr in den bestätigten Wolfsterritorien insgesamt 1.339 Wolfsindividuen nachgewiesen: 439 adulte Wölfe, 83 Jährlinge (Wölfe im 2. Lebensjahr) und 634 Welpen (Wölfe im 1. Lebensjahr) sowie 183 Wölfe die altersmäßig keiner dieser Gruppen eindeutig zuordenbar waren.

 

Im vorhergehenden Monitoringjahr 2021/2022 wurden 245 Territorien, 162 Rudel, 58 Paare und 25 Einzelwölfe nachgewiesen. In den beiden vergangenen Monitoringjahren zeigten die Daten aus dem Wolfsmonitoring der Bundesländer einen geringeren Anstieg der Anzahl an Territorien als in den davorliegenden Monitoringjahren.
Der Wolf ernährt sich zu über 95 Prozent von Wild, das heißt, er frisst im Regelfall im Wald, nicht auf der Weide. Seit der Rückkehr des Wolfes nach Deutschland vor über 20 Jahren gab es keinen Übergriff auf einen Menschen. Angriffe in anderen Regionen der Welt begründen sich hauptsächlich auf die in Deutschland und dem Großteil Europas nicht mehr existierende Tollwut.

 

Quelle: BMUV
Foto: A.Brohl/Pixabay

 


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