„Revolution im Krankenhaussektor“ – Gesundheitsminister schüren hohe Erwartungen

Jetzt gibt es sehr viel zu tun: „Durchökonomisierung überwinden“ – aber wie?

„Wir stehen am Vorabend einer notwendigen Revolution im Krankenhaussektor“, kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nach dem "Gipfeltreffen" der Landesgesundheitsministerinnen und -minister am Donnerstagnachmittag, 5. Januar, an. Denn es geht um nichts mehr und nichts weniger als den Aufbruch der alten verkrusteten Systemstrukturen in der Krankenhaus-Landschaft.

 

Das Problem ist seit Jahren allseits bekannt – und nun gibt es tatsächlich den politischen Willen zur Veränderung: Insbesondere das Prinzip der „Fallpauschalen“ hat dazu geführt, dass Krankenhäuser zu Wirtschaftsunternehmen umfunktioniert wurden, die lieber „lukrative“ Behandlungen und Operationen durchführten und dabei die Grundversorgung vernachlässigt haben.

In der Pandemie ist vielen Betreibern dieses strukturelle Defizit auf die Füße gefallen. „60 Prozent der Krankenhäuser sind in finanziellen Schwierigkeiten“, so Lauterbach – der u.a. vor vielen Jahren politisch an dieser Entwicklung nicht ganz unbeteiligt war.

 

Jetzt also ist endlich die Einsicht gereift, dass sich das ändern muss. Darüber waren sich Lauterbach und seine Amtskolleginnen und -kollegen der Länder auch einig.

 

Die Frage lautet nun:

 

Wie soll sich das ändern?

Denn so ohne weiteres und ohne besondere Kraftanstrengung wird sich so ein System nicht umkrempeln lassen.

Wer sich also von der anschließenden Pressekonferenz neue Erkenntnisse erhofft hatte, musste ernüchternd feststellen: Wir stehen erst am Anfang. Es gab zunächst nur Absichtserklärungen.

 

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Ziel sei es, „auf der Grundlage der Vorschläge der ‚Regierungskommission Krankenhaus‘ einen Reformentwurf zu entwickeln, mit dem wir das System der Fallpauschalen systematisch überwinden, wo Vorhaltekosten und Leistungskomplexe eine größere Rolle spielen und die Durchökonomisierung der Medizin vermieden wird“, kündigte Lauterbach an.

 

Wie geht es nun weiter?

„Bis zur Sommerpause 2023 soll ein Vorschlag zur neuen Vergütungs- und Planungsstruktur entwickelt werden, der mit den Ländern zu einem Gesetzentwurf weiterentwickelt werden soll“, erklärte der Minister. „Grundlage soll hier eine gemeinsame Gesetzgebung sein, in der Bund, Fraktionen und Länder zusammenarbeiten.“

Also: Wenn schon Reform, dann auch im Einvernehmen mit allen Beteiligten.

 

Und da gibt es noch viel zu klären. So betonte beispielsweise NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU), dass der Bund für die Finanzstrukturen zuständig sei und die Länder weiter für die Krankenhausplanung. Eine "Bundesschablone" für alle Krankenhäuser sei nicht zielführend, weil die Strukturen in den Ländern dafür einfach zu unterschiedlich seien.

 

Die Gesundheitspolitikerinnen und -politiker haben nun hohe Erwartungen geschürt.

Jetzt beginnt erst die Arbeit. Und die kann sich über Jahre hinweg ziehen.

 

AOK für Vorhaltepauschalen und definierte Leistungen als Lösungsansatz

Zu den Ergebnissen des Gespräches erklärt Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes: „Viele Fragen sind noch offen. Aber es ist gut, dass sich Bund und Länder darüber einig sind, dass eine bessere Qualität der Versorgung das zentrale Ziel der Reform sein muss. Angesichts der großen Qualitäts- und Strukturprobleme (..) ist es höchste Zeit für eine grundlegende Reform.“

 

Als „besonders wegweisend und entscheidend für die Verbesserung der Qualität“ bezeichnet sie den Ansatz, „die Reform der Vorhaltefinanzierung mit der Reform der Planung zu verbinden“, so Reimann: „Die vorgeschlagene Kopplung der Vorhaltepauschalen an bundeseinheitlich definierte Leistungsbereiche und Leistungsgruppen ist das zentrale Element für das Gelingen der Reform. Dieser Vorschlag darf jetzt nicht verwässert werden, indem man etwa auf grob umrissene Vorhaltestufen setzt oder auf die Leistungsgruppen verzichtet.“

 

Entscheidend sei, dass die Länder auf Basis von bundeseinheitlichen Leistungsbereichen und -gruppen „konkrete Versorgungsaufträge für die Kliniken definieren“, sagt die AK-Chefin: „Dabei sind notwendige Mindestbetriebsgrößen und vorzuhaltende personelle und medizinisch-technische Strukturen zu bestimmen. Nur so kann die immer noch verbreitete Gelegenheitsversorgung beendet und die Patientensicherheit gewährleistet werden. Und mit der qualitätsorientierten Konzentration von Leistungen können wir auch das medizinische Personal in den Krankenhäusern entlasten und die Arbeitsbedingungen der Ärzte und Pflegekräfte verbessern.“

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: G.Altmann/Pixabay

 


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