Neuer Zoff in der Bundesregierung: Wird Wirtschafts- gegen Familien-Förderung ausgespielt?

Grüne Ministerin blockiert FDP-Gesetz, weil es nicht genug für die Kindersicherung geben soll

Auf einen Gesetzentwurf zur Legalisierung von Cannabis-Konsum – in einem begrenzten Rahmen – konnte sich das Bundeskabinett in der ersten Sitzung nach der Sommerpause noch einigen. Ansonsten aber herrscht weiterhin Knatsch und Zoff zwischen Rot, Gelb und Grün, insbesondere die letzten beiden.

Wie die Medien berichten, streiten sich Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) um die Finanzierung von zwei Gesetzesvorhaben aus ihrem jeweiligen Ressort.

 

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Worum geht es?

Lindner will ein so genanntes „Wachstumschancengesetz“ durchbringen, das die Wirtschaft angeblich ankurbeln soll. Paus fordert 12 Milliarden Euro, um die „Kindergrundsicherung“ zur Unterstützung von bedürftigen Familien zu finanzieren. Der Finanzminister will aber laut Medienberichten lediglich 2 Milliarden freigeben.

Daher soll Paus ihre Zustimmung zum „Wachstumschancengesetz“ verweigert haben – im Bundeskabinett ist aber ein einstimmiges Votum notwendig.

„Man könne nicht so viel Geld in die Wirtschaft stecken, aber nicht mehr in die Kindergrundsicherung zur Unterstützung von Familien mit wenig Geld, argumentierte Paus nach Angaben aus Regierungskreisen“, heißt es bei der tagesschau.

 

Dabei sei Lindners Gesetzentwurf zuvor bereits mit den anderen Ministerien abgestimmt gewesen, sogar Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) soll sich dem angeschlossen haben.
Mit dem „Wachstumschancengesetz“ wolle Lindner die Wirtschaft „um jährlich rund 6,5 Milliarden Euro entlasten“, heißt es weiter.

 

***Update***

Am 28. August 2023 haben sich die Ampel-Koalitionäre auf einen Kompromiss geeinigt.

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Lindner: „Für soziale Ausgaben brauchen wir ein starkes wirtschaftliches Fundament“

Auf seinem X-Kanal (ehemals Twitter) schrieb der Liberale am 16. August 2023: „Deutschland braucht wieder Wachstum. Die strukturellen Bedingungen für die Wirtschaft müssen verbessert und Investitionen attraktiver werden. Es ist daher bedauerlich, dass ein Kabinettsbeschluss zum Wachstumschancengesetz trotz des Einvernehmens mit dem BMWK nicht möglich war. (…) Jede und jeder sollte wissen, dass alle sozialen Ausgaben ein starkes wirtschaftliches Fundament benötigen. Auch Familien mit Kindern benötigen gute Arbeitsplätze.“

 

Grüne: „Wachstumschancengesetz“ wirklich notwendig?

Nach dem Veto von Bundesfamilienministerin Lisa Paus gegen das geplante „Wachstumschancengesetz“ hat die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Katharina Beck, im Sender phoenix gefordert, die im Gesetzentwurf enthaltenen Maßnahmen noch einmal auf den Prüfstand zu stellen: „Es geht um sehr viel Geld und es geht auch darum, die richtigen Wirtschaftsimpulse zu setzen und darum, dass wir mit den begrenzten Haushaltsmitteln, die wir auf Basis unserer finanziellen Vereinbarungen haben, gut fürs Gemeinwohl umgehen.“

 

Man müsse nun schauen, ob die 50 Maßnahmen, die im Gesetz vorgesehen sind, wirklich zum jetzigen Zeitpunkt alle notwendig seien. In manchen Bereichen müsse man vielleicht andere Prioritäten setzen, so Beck. „Ich spreche die Investitionsprämie hier an, die vielleicht noch größer sein sollte, und bei anderen Aspekten könnte man vielleicht auch weniger machen, um da vielleicht mehr Raum zu haben, zum Beispiel im Bereich des demokratischen Zusammenhalts“, sagte die Finanzpolitikerin bei phoenix.

 

Bei der nächsten Kabinettsklausurtagung in Meseberg Ende August wollen sich die Ampelkoalitionäre noch einmal zusammenraufen und eine Lösung finden.

Bis dahin bleibt der Eindruck in den Medien, dass das Bundeskabinett noch immer so zerstritten ist wie vor der Sommerpause – und die Opposition reibt sich die Hände.

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Quelle: tagesschau/phoenix
Foto/Collage: Archiv anzeiger24.de / Pixabay / Bundesministerium der Finanzen/Photothek 

 


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