Ausschreitungen bei Demo in Lützerath – Wer war gegen wen gewalttätig?

Viele Aktivisten waren nicht mehr „friedlich“, sprechen aber von "Polizeigewalt"

Egal wie man zu den Themen „Kohleverstromung“, „Klimaschutz“ oder „Räumung und Abbaggern von Lützerath steht: Die Bilder von den tumeltartigen Szenen während der Demos in den vergangenen Tagen verstören viele Menschen.

Was war da jetzt eigentlich los? Und wer hat da zumindest „nicht verhältnismäßig“ gehandelt?

 

Aktivisten sprechen von „Polizeigewalt“

„Am 14. Januar 2023, dem Tag der Großdemonstration bei Lützerath, kam es zu massiver Polizeigewalt“, behauptet die Initiative „Lützerath Lebt!“: „Innerhalb eines Tages meldeten sich 145 Menschen, manche zu mehrfachen Vorfällen. Besonders aufgefallen ist die hohe Anzahl an Kopfverletzungen durch Schläge der Polizist*innen, von denen mindestens 45 Meldungen vorliegen. Mindestens 115 Menschen wurden getreten und geschlagen. In mindestens 65 Fällen wurde von Schlagstockeinsätzen berichtet. Mehr als 30 Menschen bezeugen den Einsatz von Pfefferspray und mindestens 10 Menschen erlitten Knochenbrüche. Es liegen über 15 Meldungen von Menschen vor, die vom Notdienst oder im Krankenhaus behandelt werden mussten. (Die Zahlen sind abgerundet um Repression durch Rückverfolgung einzuschränken.) Eine große Anzahl an Menschen wurde von Polizist*innen angegriffen, obwohl sie sich nicht wehrten, sich zurückzogen, mit dem Rücken zur Polizei standen, auf Anweisungen der Polizei hörten oder verletzt am Boden lagen.“

 

Nun, sagt jetzt die Gegenseite: Viele Teilnehmende hätten eben nicht mehr „friedlich“ demonstriert, sondern sich vom Demozug entfernt, sind Richtung Abbruchkante Keyenberg gelaufen (entgegen den Absprachen mit der Polizei) und wollten dabei Polizeiketten durchbrechen, die genau das verhindern sollten.

 

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Die Polizei Aachen berichtete dazu: „Die vielfach vermummten Personen übten erheblichen Druck auf die polizeilichen Sperren aus und durchbrachen diese zum Teil. Um die Störer von einem Eindringen in den Tagebau abzuhalten setzte die Polizei Pfefferspray, den Einsatzmehrzweckstock und Wasserwerfer ein. An der Ortslage Lützerath wurden durch den Einsatz der Wasserwerfer Störer zurückgedrängt, die versuchten, in den gesicherten Bereich einzudringen.“

Dagegen meint die Zora Fotidou, Teilnehmerin der Demonstration am Samstag in einer Pressemitteilung der Initiative: „Das Durchfließen von Polizeiketten, welches die Polizei in den Medien als Grund anführte, rechtfertigt in keinster Weise ein pauschales und derartig brutales Vorgehen der Polizei. Was wir am Samstag gesehen haben muss Konsequenzen für die Verantwortlichen der massiven Gewalt haben. Das gilt besonders für die schwarz-grüne Landesregierung, die diesen Einsatz angeordnet hat. Außerdem brauchen wir unabhängige Institutionen, damit Polizeigewalt endlich Konsequenzen hat und Täter*innen sich nicht weiter gegenseitig decken können.“

 

Lamin Chukwugozie, Sprecher von „Lützerath Lebt“, ergänzt: „Die Regierung scheut sich nicht davor, massive Polizeigewalt gegen die eigene Bevölkerung anzuwenden, um die Profitinteressen des Energieriesen RWE zu schützen. Es ist schockierend, dass gerade diejenigen, die sich der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen entgegenstellen, kriminalisiert und verprügelt werden.“

 

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Polizei: Das war kein „friedlicher Protest“

Worauf die Aktivistinnen und Aktivisten jedoch nicht eingehen: Es gab – so haben es die Bilder in den Medien gezeigt – auch militante Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die die Beamtinnen und Beamten beispielsweise mit Flaschen und Feuerwerkskörpern attackierten.
Außerdem wurden „mehrere Dienstfahrzeuge beschädigt – davon acht durch abgetretene Seitenspiegel, Schmierereien und Steinbewurf. Darüber hinaus wurde eine Vielzahl von Reifen an den Fahrzeugen der Polizei zerstochen“, berichtet die Polizei Aachen.

Das kann man beileibe nicht mehr als „friedlichen“ Protest bezeichnen – findet auch die Gewerkschaft der Polizei: „Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach hatte von Anfang auf ein Deeskalationskonzept gesetzt, das dem friedlichen Protest gegen den Braunkohleabbau viel Raum gelassen hat. Gleichzeitig ist die Polizei in Lützerath konsequent gegen die rechtswidrige Besetzung des inzwischen dem Energiekonzern RWE gehörenden Ortes vorgegangen“, sagt Michael Mertens, GdP-Landesvorsitzender NRW. „Ich hätte mir von den Veranstaltern einen klaren Appell gewünscht, friedlich gegen den Braunkohletageabbau zu demonstrieren. Den von der Bühne aus verbreiteten Aufruf ‘Jeder kann machen, was er will. Jeder entscheidet selber, wie weit er geht‘ hätte es nicht geben dürfen. Er ist offenbar von militanten Braunkohlegegnern als Freibrief verstanden worden, mit Gewalt gegen die Polizisten vorzugehen. Das haben meine Kolleginnen und Kollegen ausbaden müssen, die in Lützerath unter schwierigen Rahmenbedingungen einen hervorragenden Job gemacht haben."

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: Jörg Farys („Lützerath lebt“)

 


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