Ab 2024 keine neue Gasheizung mehr? Was sagt die Branche?

Gesetzentwurf der Bundesregierung: Pro und Contra

Einmal mehr sorgte der Grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in der vergangenen Woche für einen Aufschrei der Entrüstung: In einem Gesetzentwurf „zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes und mehrerer Verordnungen zur Umstellung der Wärmeversorgung auf Erneuerbare Energien“ heißt es u.a., „dass von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden soll“, heißt es in einer Pressemitteilung.

 

Das beinhaltet auch: „Die Pflicht zum Erneuerbaren Heizen gilt nur für den Einbau neuer Heizungen; Ausnahmen sind möglich.“
Soll also heißen: Ab 2024 sollen keine neuen Heizungen mehr installiert werden, die nur mit Gas oder Öl angetrieben werden.
„Ziel ist der klimaneutrale Gebäudebestand bis spätestens 2045“, sagt das Ministerium. „Hierfür müssen in den nächsten 20 Jahren alle Heizungen schrittweise auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Die Regelung zum Heizen mit Erneuerbaren Energien leitet diesen Prozess verbindlich ein und schafft damit Planungs- und Investitionssicherheit.“

 

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Es soll aber auch Ausnahme- und Härtefallregelungen geben. Mehr Infos gibt es hier.

***Update***

Zwischen den Grünen und der FDP gab es reichlich Zoff; u.a. wegen dieser Initiative von Minister Habeck . Dabei handele es sich lediglich um einen Entwurf, der in der Öffentlichkeit bereits zerredet wurde – nachdem er vorab an die Presse "durchgestochen" wurde. 

Von Sonntag bis Dienstag haben sich die Fraktionen zum "Koalitionsausschuss" getroffen und fieberhaft bei den Streitthemen nach Lösungen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner gesucht. 

Das Ergebnis gibt es hier zum Nachlesen 

 

Auch beim Heizungs-Thema haben die unterschiedlichen Parteien offenbar lange um eine Abschlusserklärung gerungen. Dazu heißt es nun: "Im Koalitionsausschuss wurde beschlossen, gesetzlich festzuschreiben, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Der entsprechende Gesetzentwurf wird gegenwärtig im Ressortkreis überarbeitet. Er wird von der Bundesregierung im April im Kabinett auf den Weg gebracht, um das Gesetz vor der Sommerpause im Bundestag zu beschließen. Es wird darauf geachtet, dass ein technologieoffener Ansatz verfolgt wird, und dass ausreichende Übergangszeiträume zur Verfügung stehen. Das Gesetz wird dabei pragmatisch ausgestaltet, unbillige Härten auch zum sozialen Ausgleich werden vermieden und sozialen Aspekten angemessen Rechnung getragen; auch für Mieterinnen und Mieter.

Damit Bürgerinnen und Bürger nicht überfordert werden, wird zielorientiert geprüft, wie der ambitioniertere Austausch von Öl- und Gasheizungen aufgrund der Änderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gezielt und bürokratiearm aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziell gefördert werden kann. Niemand wird im Stich gelassen."

 

Es gibt also prinzipiell nicht so viel neues; die Ziele und die Umsetzung sind wachsweich und sehr allgemein formuliert. Viele Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer werden damit immer noch nicht viel anfangen können. 

 

Was sagen denn andere Verbände zu dem Gesetzentwurf?

 

Deutsche Umwelthilfe e.V. begrüßt „Befreiungsschlag aus der fossilen Wärmeversorgung“

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) jubelt. Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz kommentiert den Vorstoß: „Mit dem Gesetzesvorschlag zum fossilen Heizungsausstieg haben Minister Habeck und Ministerin Geywitz die Zeichen der Zeit erkannt. Das Gesetz schafft Planbarkeit für Verbraucherinnen und Verbraucher, die Industrie, die Heizungsbranche und das Handwerk und ebnet den Weg für eine klimafreundliche Wärmeversorgung. Die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen klimafreundlich heizen und unabhängig sein von nicht-kalkulierbaren Gaspreisen. Der Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen ist der Schlüssel für eine krisenfreie und bezahlbare Wärmeversorgung. Es ist entscheidend, diesen Umstieg auf klimafreundliche Wärme sozial abzufedern. Hier enthält der Gesetzesentwurf bereits erste positive Vorschläge - sie dürfen im weiteren Verhandlungsprozess nicht unter die Räder geraten. Klar ist: Ein Festhalten am Status Quo führt uns genauso in eine sozialpolitische Sackgasse wie die Illusion von bezahlbarem Wasserstoff. Hier macht sich die FDP gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft aktuell zum Steigbügelhalter für fossile Geschäftsinteressen, die einzig und allein darauf abzielen, den klimapolitischen Fortschritt im Wärmesektor zu blockieren."

 

Zur Einordnung der aktuellen Diskussion haben die Effizienz-Expertinnen der DUH einen so genannten „Faktencheck“ zur geplanten 65-Prozent-Regelung im Gebäudeenergiegesetz erarbeitet.

Mehr erfahren

 

Bundesverband der Heizungsindustrie (BDH): Was bringt die Umstellung?

„Heizungsmodernisierung spart 2,2 Millionen Tonnen Treibhausgase pro Jahr“, rechnet der Bundesverband der Heizungsindustrie (BDH) vor: „Im Jahr 2022 wurden in deutschen Privathaushalten 870.000 ineffiziente Heizungen durch den Einbau effizienter Wärmeerzeuger modernisiert. Die Effizienzsteigerungen führen zu jährlichen Einsparungen von 2,2 Millionen Tonnen Treibhausgasen nach Klimaschutzgesetz. Biomassekessel und Wärmepumpen tragen mit zwei Dritteln am stärksten zur Senkung der Emissionen bei. Gleichzeitig geht ein Drittel der gesamten Einsparungen auf den Einbau moderner gas- und flüssigbasierter Heizsysteme zurück.“
Für die Erreichung der Emissionsminderungsziele bei Gebäuden sei aber eine jährliche CO2-Reduktion von rund 5 Millionen Tonnen notwendig.

Der BDH will Hauseigentümer daher daran erinnern, welche Bedeutung der Austausch veralteter Heizungen hat: „Von den ca. 21 Millionen Heizsystemen, entspricht rund jede zweite Anlage nicht dem Stand der Technik. Das Durchschnittsalter des gesamten Anlagenbestades liegt nach Angaben des BDEW bei 17 Jahren. Vor diesem Hintergrund gilt es, die anstehende Novelle des Gebäude-Energie-Gesetzes so zu gestalten, dass die Modernisierungsdynamik erhalten bleibt. Dafür gelte es den Hausbesitzern einen breiten technologischen Lösungsraum zur Verfügung zu stellen und den Anteil an erneuerbaren und CO2-freien Energien im Wärmemarkt massiv auszubauen.“

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Der BDH hat dazu mehrere Studien angefertigt:

Heizungsmodernisierung spart Treibhausgase

Kurzanalyse: Einsparungen an THG-Emissionen durch Austausch von Wärmeerzeugern im Jahr 2022

 

Problem: Zu wenig Handwerksbetriebe können Wärmepumpen einbauen

Also erscheint die Lösung ganz einfach: Alte Gas- und Ölheizungen raus und durch Wärmepumpen ersetzen, und alle sind glücklich – sowohl die Menschen als auch das Klima.

Natürlich ist das nicht so einfach, denn: es hapert an der praktischen Umsetzung.
Das wird jeder bestätigen, der in dieser Zeit versucht, einen Handwerksbetrieb zu finden – egal in welcher Sparte.
So erklärt beispielsweise Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), in einem Bericht der Fachzeitschrift „Markt und Mittelstand“, dass „nur zwischen 15 und 30 Prozent der Betriebe derzeit in der Lage sind, eine Wärmepumpe einzubauen“.

Das nötige Fachwissen fehle, und viele Unternehmen seien ausgelastet. Der Verband benennt einen Personalbedarf von rund 40.000 professionellen Monteuren und mehr als 30.000 Auszubildende. „Wir fragen uns, wie denn die sechs Millionen Wärmepumpen installiert werden sollen, die sich die Politik bis 2030 vorgenommen hat“, so Bramann in dem Bericht. Die Branche benötige dazu allein 60 000 zusätzliche Monteure.

 

ZDH: Technologieausschluss bei Heizungsumstellung macht wenig Sinn

Es gibt aber noch weitere Hürden. So teilt beispielsweise Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, mit: „Die Modernisierung der Gebäudetechnik ist aus Sicht des Handwerks ein zentraler Hebel, um die Klimaziele zu erreichen. Allerdings sollte dabei vor allem zählen, dass Zielwerte bei der CO2-Reduzierung auf Gebäude- und Quartiersmaßstab erreicht werden. Sich auf bestimmte Technologien festzulegen, macht dagegen wenig Sinn. Auf mittlere Sicht wird es weiter Gebäude geben, die nicht für einen schnellen Umstieg von Verbrennerheizungen auf neue Heiztechnologien geeignet sind. Ob es etwa in der Zukunft für einen Teil der heutigen Gasnutzer möglich ist, ‚grüne‘ klimaneutrale Gase zum Beispiel in Gebieten mit einem hohem Anfall von Biogasen oder auf andere Weise regenerativ erzeugten Gasen zu verwenden, das ist noch nicht abzuschätzen, sollte jedoch als Option erhalten bleiben.“

 

Die Wärmepumpe sei zwar aktuell „eine der besten Technologien im (Einzel)Gebäudesektor“. Und Anreize für den Einbau sei sicherlich sinnvoll. „Ehe allerdings bestimmte Techniken im Bestand verboten werden, sollte besser zunächst die energetische Sanierung der Gebäudesubstanz weiter vorangetrieben und für jedes Haus individuelle Lösungen ermöglicht werden. Es gilt jetzt, zunächst die ‚niedrig hängenden Früchte‘ zu ernten: Neue Techniken im Neubau und geeigneten Altbauten sowie energetische Sanierung in der Breite der Substanz in Kombination mit intelligenten Quartiersansätzen. Die Energiewende schaffen wir nur, wenn unterschiedliche Ansätze ineinandergreifen und Raum für weitere Innovationen gelassen wird."

 

Bündnis von Verbänden kritisiert die geplante Drosselung für Wärmepumpen

Hinzu kommt: Ein Verbändebündnis aus Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne), Bundesverband Wärmepumpen (bwp), Verband der Automobilindustrie (VDA) und Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) kritisiert einen Plan der Bundesnetzagentur (BNetzA), „dass Netzbetreiber im Fall einer drohenden Netzüberlastung ‚steuerbare Verbrauchsgeräte‘ – wie neue Wärmepumpen, Wallboxen für E-Autos, Klimaanlagen und Stromspeicher – einseitig und unbegrenzt abdrosseln dürfen.“ So soll „das vorhandene Stromangebot optimal genutzt und somit zu hohe Lastspitzen vermieden werden“.


Das würde „erhebliche Einschränkungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher“ bedeuten. Nötig seien dagegen „Obergrenzen für solche Notfall-Abdrosselungen sowie zusätzliche Maßnahmen, um eine Netzüberlastung präventiv zu vermeiden, zum Beispiel zeitvariable Stromtarife oder Flexibilitätsentgelte“, heißt es in der Mitteilung des Bündnisses weiter. „Um das Problem aber bei der Wurzel zu packen und nicht nur Notfälle aufwendig zu verwalten, sind ein umfassender Ausbau und eine Digitalisierung der Stromnetze unter Einhaltung des Datenschutzes zwingend erforderlich.“

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Bericht: Achim Kaemmerer
Fotos: donglizhang/babar760 / 123rf

 


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