
USA wollen neue Langstreckenwaffen in Deutschland stationieren – mehr Sicherheit oder höheres Risiko?
12.07.2024Ist die Aufrüstung eine „Provokation“ für Russland? Grüne halten sich noch zurück und setzen auf Diplomatie
Nach dem Fall der Berliner Mauern und im Aufbruch in die 90er Jahre schien eine „friedlichere Welt“ möglich, der Ost-West-Konflikt, bzw. der „Kalte Krieg“ beendet erschien. Auch die umfangreichen Waffenarsenale wurden abgerüstet. Heute, in der „Zeitenwende“ (Bundeskanzler Olaf Scholz) scheint dies alles hinfällig zu sein, seitdem Russland den Ukraine-Krieg gestartet hat, der auch den Rest von Europa bedroht.
Nun stehen wir vor einer neuen Aufrüstung: In Deutschland werden wieder US-amerikanische Waffensysteme stationiert, darunter Marschflugkörper vom Typ Tomahawk, Luftabwehrraketen und bald auch modernste Hyperschallwaffen. So wurde es beim laufenden NATO-Gipfel in Washington am 11. Juli 2024 bekannt gegeben.
"Keine offensive Bedrohung" für Russland?
Diese Entwicklungen verdeutlichen, wie ernst die Lage von Nato-Militärs eingeschätzt wird. Man befürchtet, dass Russlands Präsident Putin auf seinem aggressiven Kurs eine direkte Konfrontation mit der NATO riskiert – wohl in der Hoffnung, dass Europa aus Angst vor einer Eskalation zum Atomkrieg nachgeben könnte.
John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, wies im Interview mit dem Fernsehsender phoenix Vorwürfe des russischen Präsidenten Putin zurück, die Stationierung von Langstreckenwaffen in Deutschland sei eine „Provokation“. Es sei „keine offensive Bedrohung“, und es gehe um die „Verbesserung der Verteidigungskapazitäten mit konventionellen Waffen“. Auch die Koordinierung von Waffenlieferungen an die Ukraine und die Ausbildung ukrainischer Soldaten von Wiesbaden aus seien „folgerichtig“, um eine „nachhaltige Kommandozentrale“ aufzubauen. Kirby bekräftigte die Unterstützung der NATO für die Ukraine, die langfristig eine Nato-Mitgliedschaft anstrebt.
Obwohl die NATO konventionell überlegen ist, sorgt das Tempo der russischen Aufrüstung für Besorgnis. Die Allianz will ein starkes Signal der Stärke an Putin senden, um jegliche Zweifel an Europas Verteidigungsbereitschaft im Keim zu ersticken. Russland soll erkennen, dass es in der Ukraine und anderswo in Europa keinen Erfolg haben wird.
Grüne melden Klärungsbedarf an
Die Grünen sind allerdings noch nicht so überzeugt von der Strategie. So kündigte beispielsweise die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Sara Nanni, „noch Klärungsbedarf“ an: Bundeskanzler Olaf Scholz habe bisher nur spärlich die tatsächliche Bedrohungslage der Nato thematisiert, erklärte Nanni in der Rheinischen Post.
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) betonte aber auch im Gespräch mit der „Neuen Westfälischen“ die Notwendigkeit neuer diplomatischer Bemühungen zur Beendigung des Ukraine-Krieges. Er warnte vor einem reinen Fokus auf Kriegsszenarien und plädierte für Abrüstung und Diplomatie, stets im Einklang mit den Ukrainern und deren Souveränität. Trotz seiner persönlichen Bedenken hinsichtlich der Aufrüstung hält Habeck die Entscheidung der USA, Langstreckenwaffen in Deutschland zu stationieren, angesichts der aktuellen Bedrohungslage für notwendig.
Zusammenfassung: Achim Kaemmerer
Foto: W. Pohnke/Pixabay
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