Nach dem Koalitions-Krach: So will die „Ampel“ nun weiter regieren

29.03.2023

Gemeinsamer Nenner bei Klimaschutz, Ausbau von Straßen und Schienen, Wirtschaft etc.

Wer sich zu Beginn der Legislaturperiode gefragt hat, ob das wohl wirklich so gut gehen kann mit einer Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen, der wird sich seit Monaten und insbesondere in den letzten Tagen bestätigt fühlen.

Immer wieder haben sich vor allem die Klimaschutz-Partei Grüne und die Wirtschafts- und Freiheitspartei FDP gezofft. Mehr Beschränkungen und Regulierungen vs. „freier Markt“ – das passt nicht immer gut zusammen.

 

Für Aufsehen sorgte beispielsweise der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck mit seinem Plan, ab 2024 bei Neuinstallationen nur noch Heizungen zuzulassen, die „mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben“ werden.

 

FDP-Verkehrsminister Volker Wissing wiederum verärgerte den Koalitionspartner u.a. mit seinen Plänen, mehr in die Autobahnen statt in den Schienenverkehr zu investieren. Außerdem hat er auf EU-Ebene durchgesetzt, dass Verbrenner-Fahrzeuge auch nach 2035 produziert und verkauft werden dürfen, sofern sie mit E-Fuels betrieben werden.

 

Von Sonntag bis Dienstag, 28. März 2023, zogen sich die Fraktionen zur Klausur zurück – es gab viel aufzuarbeiten. Und es muss wohl ein sehr zähes Ringen um den kleinsten gemeinsamen Nenner gegeben haben.

 

Am Ende präsentierte die „Ampel“ also eine Abschlusserklärung mit zahlreichen Ergebnissen und Kompromissen.
Hier komplett nachzulesen

 

Einige Punkte in Kürze

(teilweise Original-Zitate, teilweise bearbeitet)

 

2030 soll in Deutschland mehr als doppelt so viel erneuerbarer Strom produziert wird wie heute.

 

Planungs- und Genehmigungsprozesse sollen deutlich schneller, effektiver und digitaler werden.

 

Die Einhaltung der Klimaschutzziele soll anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung überprüft werden.

 

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Mit der Einführung des Emissionshandels II soll es einen einheitlichen europäischen Rahmen für die Bepreisung von CO2-Emissionen geben.

 

Wenn die Projektionsdaten in zwei aufeinanderfolgenden Jahren zeigen, dass mit den aggregierten Jahresemissionen bis zum Jahr 2030 das Gesamtminderungsziel nicht erreicht wird, wird die Bundesregierung Maßnahmen beschließen, die sicherstellen, dass das Minderungsziel bis 2030 dennoch erreicht wird.

 

Die Koalition hat vereinbart, deutlich mehr Geld in die Schiene als in die Straße zu investieren und bei Straßen einen stärkeren Fokus auf Erhalt und Sanierung zu legen, mit besonderem Schwerpunkt auf Ingenieurbauwerke.

 

Für Bundesfernstraßen ist im Genehmigungsbeschleunigungsgesetz Verkehr u. a. vorgesehen, dass existierende marode Brücken deutlich schneller und einfacher saniert bzw. ersetzt werden können als bisher.

 

Für Gewerbe und Industrie sollen kurzfristig zusätzliche Flächen für Windkraftanlagen an Land bereitgestellt werden. Dafür soll der Handlungsspielraum für Kommunen erweitert werden, indem die Kommunen auch dann Flächen für Windenergie ausweisen können, wenn die regionalen Planungen in ihrem Gebiet keine Windflächen vorgesehen haben.

 

Entlang der Bundesautobahnen und Bahnstrecken sollen mehr Photovoltaikanlagen, an Bundesstraßen mehr Windkraftanlagen errichtet werden können. Es soll kein Kilometer Autobahn mehr geplant werden, ohne die Möglichkeiten der Erzeugung erneuerbarer Energien auszuschöpfen. Bei Autobahnneubau wird für die Nutzung der Strecken zur Erzeugung erneuerbarer Energien gesorgt.
Für Hochbauten jeglicher Art gilt innerhalb einer bestimmten Entfernung ein absolutes Bauverbot bei Bundesautobahnen und Bundesstraßen.

 

Der Schienengüterverkehr soll bis 2030 einen Marktanteil von 25 Prozent erreichen. Dazu wird die anteilige Förderung der Trassenpreise im Schienengüterverkehr fortgesetzt, die Anreize für Investitionen aus dem Sektor in die Erprobung sowie die Markteinführung von Innovationen im Bereich Digitalisierung, Automatisierung und Fahrzeugtechnik im Schienengüterverkehr verstärkt und eine Verstärkung der Entlastung des Einzelwagenverkehrs im Rahmen der Anlagenpreisförderung bei den Kosten für die Nutzung von Zugbildungsanlagen vorgenommen.

 

Das Maßnahmenpaket „Ausbauinitiative Radverkehrsinfrastruktur – aktive Mobilität“ wird den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur mitsamt der erforderlichen Kommunikations- und Begleitmaßnahmen sowie des Fußverkehr fördern und finanzieren.

 

Nach der Einführung des Deutschland-Tickets soll auch das ÖPNV-Angebot, insbesondere in suburbanen und ländlichen Räumen, weiter ausgebaut werden.

 

Zulassung reiner E-Fuels: In einem Dialog zwischen dem Bundesverkehrsministerium, der E-Fuel-Branche, dem Mineralölhandel, den Automobilherstellern und Importeuren sollen bis Sommer 2023 weitere Zulassungs-, Vertriebs- und Nutzungseinschränkungen identifiziert und soweit möglich von der Bundesregierung bzw. der Wirtschaft abgebaut werden.
Außerdem soll die Forschung für die technische Weiterentwicklung und Massenproduktion von E-Fuels gefördert werden.

 

CO2-Aufschlag auf die Lkw-Maut: Zum 1. Januar 2024 werden eine CO2-Differenzierung der Lkw-Maut und ein CO2-Aufschlag in Höhe von 200 Euro pro Tonne CO2 eingeführt.

Emissionsfreie Lkw werden bis Ende 2025 von der Infrastrukturgebühr befreit, anschließend werden lediglich 25 Prozent des regulären Satzes erhoben.

Die Lkw-Mautpflichtgrenze wird zum 1. Januar 2024 abgesenkt, sodass grundsätzlich alle Nutzfahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen technisch zulässiger Gesamtmasse in die Gebührenerhebung einbezogen sind. Die technische Umsetzung erfolgt schnellstmöglich. Handwerksbetriebe werden ausgenommen.

 

Erweiterung Lkw-Förderung („Umweltbonus Lkw“): Die Förderung von leichten und schweren Nutzfahrzeugen mit alternativen, klimaschonenden Antrieben und dazugehöriger Tank- und Ladeinfrastruktur wird bis 2028 verlängert. Künftig wird auch der Aufbau von Lkw-Tank- und Ladeinfrastruktur gefördert.

 

Emissionsfreie Busse und öffentliche Fuhrparks: Die Vorgaben des Saubere-Fahrzeuge Beschaffungsgesetzes werden dahingehend geändert, dass im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe ab 2030 nur noch bilanziell emissionsfreie Fahrzeuge (insb. Nahverkehrs-Busse) beschafft werden dürfen. Sonderfahrzeuge sind davon ausgenommen.

 

Der Masterplan Ladeinfrastruktur II soll den Ausbau der Ladeinfrastruktur in Zusammenarbeit von Ressorts, Ländern, Kommunen sowie der Automobil- und Energiewirtschaft sicher stellen.

 

Die Verteilnetzbetreiber werden gesetzlich verpflichtet, ihre Netze vorausschauend auszubauen, damit in 2030 15 Millionen vollelektrische Fahrzeuge reibungslos und komfortabel geladen werden können.

 

Die Bundesregierung wird Betreiber von Tankstellen gesetzlich verpflichten, binnen fünf Jahren mindestens einen Schnellladepunkt pro Tankstelle zu errichten. Für die Betreiber kleiner Tankstellen wird es eine Sonderregelung geben.

 

Für klimaneutrale Kraftstoffe sollen besonders innovations- und investitionsanreizende Steuersätze gelten. Für erneuerbare und fortschrittliche Biokraftstoffe und E-Fuels sollen geringere Mindeststeuersätze gelten

 

Digitalisierung: Um das Ziel einer flächendeckenden Versorgung mit Glasfaser und dem neuesten Mobilfunkstandard zu erreichen, soll der Marktprozess durch die Gigabitstrategie der Bundesregierung unterstützt und flankiert werden.

 

Die Förderung von Forschungsvorhaben für Methoden der Künstlichen Intelligenz zur innovativen Weiterentwicklung des Mobilitätssystems durch Digitalisierung und digitale Vernetzung wird auf Grundlage eines neuen Forschungsprogramms fortgesetzt.

 

Was ist jetzt mit den Heizungen?

Mehr Effizienz beim Energieverbrauch, Unabhängigkeit von fossilen Importen und Minderung der Treibhausgasemissionen; dazu heißt es in dem Abschlusspapier: 

Es soll gesetzlich geschrieben werden, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Der entsprechende Gesetzentwurf wird gegenwärtig im Ressortkreis überarbeitet. Er wird von der Bundesregierung im April im Kabinett auf den Weg gebracht, um das Gesetz vor der Sommerpause im Bundestag zu beschließen. Es wird darauf geachtet, dass ein technologieoffener Ansatz verfolgt wird, und dass ausreichende Übergangszeiträume zur Verfügung stehen. Das Gesetz wird dabei pragmatisch ausgestaltet, unbillige Härten auch zum sozialen Ausgleich werden vermieden und sozialen Aspekten angemessen Rechnung getragen; auch für Mieterinnen und Mieter.

Damit Bürgerinnen und Bürger nicht überfordert werden, werde zielorientiert geprüft, wie der ambitioniertere Austausch von Öl- und Gasheizungen aufgrund der Änderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gezielt und bürokratiearm aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziell gefördert werden kann. Niemand wird im Stich gelassen.

 

Bericht/Zusammenstellung: Achim Kaemmerer
Fotoa:M.Distelrath/andreas160578/J.Igras/NoName_13/OpenClipArts / Pixabay 

 


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