Es rumort: Soziale Einrichtungen fürchten „Zusammenbruch“

20.10.2023

AWO, Diakonie, Paritätische und ver.di fordern Entlastungen vom Bund

Die Wohlfahrtsverbände Arbeiterwohlfahrt (AWO), Diakonie und der Paritätische warnen angesichts der Kürzungspläne im Bundeshaushalt vor einem „Zusammenbruch der sozialen Infrastruktur“. Viele soziale Angebote in ganz Deutschland drohten „vollständig wegzubrechen, da gestiegene Kosten (durchschnittlich 16 Prozent seit Anfang 2022) finanziell nicht ausreichend kompensiert werden können“, heißt es in einer Presseerklärung: „Trotz steigender Nachfrage mussten vielerorts bereits Angebote und Hilfen eingeschränkt bzw. reduziert oder sogar ganz eingestellt werden. Darüber hinaus drohen kurzfristig weitere Kürzungen ihrer Einnahmen.“

 

Dies habe eine bundesweite Umfrage bei über 2.700 gemeinnützigen Organisationen (mit rund 261.700 Beschäftigten) und Einrichtungen der sozialen Arbeit ergeben.

Die Wohlfahrtsverbände fordern den Bund auf, von „angekündigten Haushaltskürzungen Abstand zu nehmen“ und stattdessen „eine konzertierte Aktion von Bund, Ländern und Kommunen sowie einen ambitionierten steuer- und finanzpolitischen Kurswechsel“.


Laut Umfrage hätten bundesweit bereits „40 Prozent der befragten Organisationen und Einrichtungen Angebote und Leistungen für Klient*innen aus finanziellen Gründen einschränken oder ganz einstellen“ müssen, heißt es weiter: „Im Ergebnis bedeutet das sowohl quantitative als auch qualitative Einschränkungen zu Lasten der sozialen Infrastruktur.“ Sollte hier nicht entschlossen gegengesteuert werden, hätte dies “enorme Konsequenzen für unser Gemeinwesen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und all jene Menschen, die in schwieriger Lebenslage auf Hilfe, Beratung, Unterstützung und einen stabilen Sozialstaat angewiesen sind.”

 

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ver.di hält wöchentliche Mahnwachen: „Es donnert in den Kitas“

Auch die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) wird aktiv und ruft seit Donnerstag, 19. Oktober 2023, zu „wöchentlichen Mahnwachen für die Kitas“ auf: Unter dem Motto „Es donnert in den Kitas – Kinder und Beschäftigte gefährdet!“ soll bis Weihnachten in vielen Bundesländern vor den Staatskanzleien, bei den Senaten oder Ministerien und vor Bundesministerien oder dem Kanzleramt regelmäßig demonstriert werden.

 

„Die Personaldecke in den Kitas ist inzwischen so dünn, dass weder für Eltern noch für die Kinder ein verlässliches Angebot stattfinden kann“, erklärt die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle. „Die Kolleginnen und Kollegen sind froh, wenn Kinder und Beschäftigte den Tag heil überleben. Das kann so nicht weitergehen und das werden die Kita-Beschäftigten jetzt mit ihren Mahnwachen deutlich machen.“

 

Der Fachkräftemangel steige weiter an: Laut ver.di Kita-Personalcheck fehlen im Sommer 2021 im Durchschnitt drei Fachkräfte, um in den Kitas fachlich angemessen arbeiten zu können, insgesamt mindestens 172.782 Fachkräfte, sagt ver.di: „Gleichzeitig besteht bei den Eltern ein enormer Kita-Platzbedarf, in den westdeutschen Ländern fehlen 362.400 und in Ostdeutschland 21.200 Kita-Plätze - nach Berechnungen von Bertelsmann -, um die Wünsche der Eltern zu erfüllen.“

 

Schon jetzt sei „keine Verlässlichkeit für die Eltern mehr gegeben“, so ver.di. Notgruppen, Reduzierung der Öffnungszeiten oder auch Schließungen von Gruppen seien an der Tagesordnung. Die Kita-Beschäftigten erkranken häufiger, fallen aufgrund von Burnout lange Zeiten aus oder verlassen das Arbeitsfeld Kita.“

 

Behle fordert "auf höchster politischer Ebene einen Kita-Gipfel, auf dem zwischen Bund, Ländern und Kommunen die Stabilisierung des Kita-Systems, ein Stufenplan für den quantitativen und qualitativen Ausbau und der damit verbundene notwendige Aufbau des Fachpersonals aufeinander abgestimmt und Finanzen entsprechend bereitgestellt werden.“

 

Zusammenstellung: Achim Kaemmerer
Fotos: Pixabay / Montage: anzeiger24.de

 


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