Fünf Jahre nach dem Attentat von Hanau: Gedenken, Mahnung und ungelöste Fragen

19.02.2025

Internationale Wochen gegen Rassismus –Verhalten der Polizei und anderer Behörden weiterhin in der Kritik

Hanau erinnert in diesen Tagen an die Opfer des rassistischen Anschlags vom 19. Februar 2020. Fünf Jahre nach der grausamen Tat, bei der ein rechtsextrem motivierter Täter neun Menschen mit Migrationshintergrund erschoss, rückt die Stadt das Gedenken in den Mittelpunkt. Doch neben den vielfältigen Gedenkveranstaltungen reißen auch die kritischen Stimmen zur unzureichenden Aufarbeitung nicht ab.

 

Ein starkes Zeichen gegen Rassismus

Die Stadt Hanau beginnt die Internationalen Wochen gegen Rassismus (IWgR) bereits am 20. Februar – einen Tag nach dem Jahrestag des Anschlags – und verlängert sie über den bundesweiten Zeitraum hinaus bis zum 30. März. Unter dem diesjährigen Motto "Menschenwürde schützen" organisiert ein breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen, Vereinen und Initiativen ein umfangreiches Programm.

 

Dazu zählen Konzerte, Vorträge, Filmvorführungen, Poetry Slams, Diskussionen und Gedenkveranstaltungen. Oberbürgermeister Claus Kaminsky, Schirmherr der Aktionswochen, betont: "Respektlosigkeit, Intoleranz und Hass sind der Nährboden für gesellschaftliche Spaltung und Gewalt. Hanau steht für Vielfalt, Zusammenhalt und Respekt." Auch John Kannamkulam, Mitbegründer der Stiftung gegen Rassismus, appelliert an die gesellschaftliche Verantwortung: "Das diesjährige Motto ist ein Aufruf an uns alle, sich aktiv für die Rechte diskriminierter Gruppen einzusetzen."

 

Frustration über mangelnde juristische Aufarbeitung

Für die Hinterbliebenen der Opfer ist das Gedenken von Enttäuschung begleitet. Während die juristische Aufarbeitung des Anschlags bis heute stockt, bleiben viele drängende Fragen unbeantwortet. Es gab bisher kein einziges Gerichtsverfahren zu den vielfach kritisierten Versäumnissen der Behörden in der Tatnacht.

 

Neue Gutachten werfen ein problematisches Licht auf das Verhalten der Polizei und anderer Behörden. Der Vater eines Opfers, Niculescu Păun, hat mehrfach Strafanzeigen eingereicht, weil der polizeiliche Notruf in der Tatnacht nicht funktionierte. Sein Sohn hatte mehrmals versucht, die Polizei zu erreichen, bevor er vom Täter erschossen wurde. Auch die Familie von Hamza Kurtović fordert Aufklärung: Der Notausgang der "Arena Bar", in der mehrere Opfer starben, war in der Tatnacht verschlossen – offenbar auf Anweisung der Polizei, um bei Razzien Fluchtmöglichkeiten zu verhindern.

Ein Gutachten des Strafrechtlers Dennis Bock aus Kiel sieht hierin eine mögliche fahrlässige Tötung. Doch die hessische Justiz sieht keinen strafrechtlich relevanten Verdacht und verweigerte bislang neue Ermittlungen. "Es bleibt der Verdacht, dass ein Polizist den Barbetreiber anwies, den Notausgang stets verschlossen zu halten. Das müsste geklärt werden", erklärt die Familie Kurtović.

 

Der Kampf um Aufklärung geht weiter

Die juristische Härte gegenüber dem Vater des Attentäters, der mehrfach Opferangehörige bedrohte, steht in einem auffälligen Kontrast zur juristischen Untätigkeit gegenüber behördlichen Fehlern. Auch der Fakt, dass der Täter trotz auffälliger rassistischer Hetze in sozialen Medien und fragwürdigem Verhalten weiterhin legal Waffen besitzen konnte, wirft Fragen auf.
Die Familie Kurtović zieht in Erwägung, den Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu bringen. Sie und viele andere Betroffene wollen sich nicht mit dem Verstummen der Ermittlungen abfinden.
Fünf Jahre nach Hanau bleibt die Erinnerung an die Opfer lebendig. Doch das Mahnmal, das die Stadt Hanau setzt, ist auch ein Symbol für unaufgearbeitete Versäumnisse. Die Forderung nach Konsequenzen bleibt bestehen.

 

Quelle: tagesschau / Stadt Hanau
Fotos: Sr. M. Jutta/Melanie / Pixabay