Immer mehr Einser-Abis – aber sind unsere Schüler wirklich besser?

05.08.2025

Lehrerverband kritisiert abgesenkte Anforderungen

Die Zahl der Abiturientinnen und Abiturienten mit Spitzennoten steigt seit Jahren deutlich. In Nordrhein Westfalen lag der Notenschnitt im letzten Jahr bei 2,39. Rund elf Prozent der Schulabgänger schlossen mit 1,4 oder besser ab. In den 1980er Jahren waren solche Quoten undenkbar.

 

Ist diese Entwicklung normal?

Kritiker warnen vor einer Entwertung des Abiturs. „Wenn sehr gute Noten zur Regel werden, verlieren Zensuren an Aussagekraft“, sagt CDU-Politiker Christoph Ploß. Auch der Deutsche Lehrerverband spricht von einer „Flut an Einser Abis“ und sieht dahinter vor allem weichere Bewertungsmaßstäbe.

Die SPD und Vertreter anderer Parteien warnen hingegen vor vorschnellen Schlüssen. Mehr gute Noten seien Ausdruck eines gestiegenen Bildungsniveaus und besserer Förderung. Nur aufgrund steigender Noten auf einen „Verfall der Leistung“ zu schließen, halten sie für überzogen.

 

Großer Notenunterschied in den Ländern

Den höchsten Anteil an Einser Abituren gibt es aktuell in Thüringen (rund 19 %), dicht gefolgt von Sachsen sowie Hessen, Berlin und Brandenburg mit jeweils über 15 %. Die niedrigsten Quoten verzeichnen dagegen Schleswig Holstein (etwa 8,6 %) sowie Niedersachsen und Rheinland Pfalz, wo deutlich weniger Einser Abschlüsse vergeben werden.

 

Woher kommen diese enormen Unterschiede?

Die unterschiedlichen Abiturnoten entstehen, weil zwar jedes Bundesland ein Zentralabitur hat, die Aufgaben jedoch jeweils selbst festlegt. Sind die Prüfungen in einem Land schwerer als in einem anderen, führt das zwangsläufig zu Notenunterschieden – ein bundesweit einheitliches Abitur könnte das lösen, wird aber von den 16 Kultusministern bislang abgelehnt.

 

Ist denn die Kritik an den besseren Noten berechtigt?

Kritiker sehen in der sogenannten „Einserflut“ beim Abitur vor allem eine Noteninflation. So sagt der Bildungsforscher Prof. Klaus Klemm: „Wenn immer mehr Schülerinnen und Schüler eine Eins vor dem Komma haben, dann verliert diese Note ihre Aussagekraft.“

Auch der Didaktik-Experte Rolf Dörpinghaus warnt: „Wir haben es mit einer Entwertung des Abiturs zu tun, weil die Anforderungen nicht im gleichen Maße gestiegen sind wie die Noten.“

 

Hinzu kommen praktische Folgen: „Für die Hochschulen wird es zunehmend schwerer, unter einer Masse von Einser-Abiturienten diejenigen herauszufinden, die fachlich wirklich überdurchschnittlich sind,“ erklärt die Bildungswissenschaftlerin Dr. Anne Sliwka.

Viele Universitäten greifen daher inzwischen auf zusätzliche Tests oder Auswahlverfahren zurück, weil die Abschlussnote allein kaum noch unterscheidet.

 

Bericht: LT

Fotos: Moos-Media/Pixabay / KI generiert mit Adobe Firefly

 

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