Entwurf für den Bundeshaushalt 2024: Zukunftsorientiert oder Fass ohne Boden?

05.07.2023

Ampelkoalition lobt Investitionen – CDU kritisiert weiterhin bestehende Finanzierungslücke

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch, 5. Juli 2023, den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2024 und den Finanzplan bis 2027 beschlossen.

„Wir haben alle Ausgaben im Bundeshaushalt auf den Prüfstand gestellt“, sagt Finanzminister Christian Lindner (FDP). „Wir heben Einsparpotenziale und senken Ausgabeansätze ab, die in der Vergangenheit Minderausgaben verzeichneten. Die Ressorts – bis auf das Bundesministerium der Verteidigung – erbringen zusätzlich entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit in den Jahren 2024 und 2025 einen Einsparbeitrag von rund 3,5 Mrd. € pro Jahr. Wir beenden nun den Krisenmodus expansiver Staatsfinanzen. Das ist nicht nur Vorgabe der Verfassung, sondern ein Gebot ökonomischer Klugheit, Ausdruck des Verantwortungsgefühls gegenüber kommenden Generationen und ein Signal über die deutschen Grenzen hinaus.“

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Für 2023 wird nach der Frühjahrsprojektion der Bundesregierung ein Zuwachs des BIP um 0,4% erwartet. Für 2023 wird in der Jahresprojektion mit einer Inflationsrate von durchschnittlich 5,9% gerechnet.
Mit dem Regierungsentwurf 2024 und dem Finanzplan bis 2027 werde die reguläre Kreditobergrenze wie auch schon in 2023 eingehalten und die Neuverschuldung massiv zurückgefahren. Dadurch soll der Inflationsdruck gedämpft werden.

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Die Bundesregierung investiere aber auch „auf Rekordniveau in die Stärkung von Wachstum und Wohlstand, mehr Sicherheit, bessere Bildung, nachhaltigen Klimaschutz und die Beschleunigung der Digitalisierung.“ Die Gesamtausgaben im Bundeshaushalt im Jahr 2024 mit rund 445,7 Mrd. € 25 % über dem Vorkrisenniveau von 2019.

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Gegenüber dem Vorkrisenniveau (Ist 2019: 38,1 Mrd. €) werden die Investitionsausgaben erheblich gesteigert: Für 2024 sind insgesamt rund 54,2 Mrd. € vorgesehen. In den Jahren von 2024 bis 2027 stehen rund 23,2 Mrd. € mehr zur Verfügung als bislang eingeplant.
Die Bereiche Äußere Sicherheit und Verteidigung sollen gestärkt werden: Ab 2024 werde die Bundesregierung ihren 2 %-BIP-Beitrag zu den NATO-Fähigkeitszielen erbringen, kündigte Lindner an.

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Grafiken: Bundesfinanzministerium 

 

Mit der geplanten Kindergrundsicherung sollen verschiedene Familienleistungen gebündelt und der Zugang und die Beantragung vereinfacht werden. Für die neue Familienleistung wurde ab 2025 eine Vorsorge von jährlich 2 Mrd. € in der Finanzplanung vorgesehen. In 2024 werden zur Vorbereitung der Digitalisierungsverfahren 100 Mio. € bereitgestellt. Auch für das Startchancen-Programm haben wir im Finanzplanzeitraum eine zentrale Vorsorge von 3,5 Mrd. € vorgesehen.

 

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FDP: „Wir müssen uns noch mehr disziplinieren – Lücke von 14,4 Milliarden Euro schließen“

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer kommentiert den Entwurf: „Die Schuldenbremse steht das zweite Jahr in Folge. Der Haushaltsentwurf für 2024 setzt damit den Pfad zur finanzpolitischen Normalität fort. Wir sind aber immer noch in einer extensiven Haushaltsführung, das belegen die 90 Milliarden Euro an Mehrausgaben im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019. Der Haushaltsentwurf ist damit kein Sparhaushalt. Die Ausgaben steigen seit zehn Jahren kontinuierlich an. Die Investitionen liegen mit 54,4 Milliarden Euro auf einem Allzeithoch. Die schweren Belastungen für den Bundeshaushalt bleiben aber weiterhin die Zinskosten, die sich in den letzten zwei Jahren verzehnfacht haben, und die Sozialversicherungen, die grundlegende Reformen brauchen, um zukunftsfest zu werden. Wir müssen uns also disziplinieren: Konsolidierung muss breit und tief im Bundeshaushalt erfolgen. Für die Jahre 2025 bis 2027 sind noch 14,4 Milliarden Euro als Lücke ausgewiesen, die geschlossen werden muss. Auf Priorisieren und Konsolidieren werden sich alle Koalitionspartner schlicht verpflichten müssen.“

 

SPD: „Parlamentarisches Verfahren hat gerade erst begonnen“

Die SPD will darauf achten, dass „wichtige Zukunftsinvestitionen und starke soziale Sicherheit weiter zentrales Thema“ im Haushalt bleiben, sagten Achim Post, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, und Dennis Rohde, haushaltspolitischer Sprecher: „Es war richtig,  die Schuldenbremse für diese krisenbedingten Mehrausgaben mehrfach auszusetzen. Der Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2024 läutet nun die Rückkehr in haushalterische Normalzeiten ein, die das Grundgesetz aufgibt. Das ist angesichts von unsicheren Steuereinnahmen, Inflation und der geopolitischen Weltlage eine sehr große Herausforderung.“

 

Es sei „gut, dass der Regierungsentwurf die vom Bundestag beschlossenen Zukunftsinvestitionen wie die Kindergelderhöhung auf 250 Euro je Kind und das Bürgergeld vollständig ausfinanziert. Auch begrüßen wir, dass ein Anwachsen des Mittelansatzes für den sozialen Wohnungsbau vorgesehen ist. Das ist wichtig, damit das Geld auch dahin fließt, wo es am dringendsten benötigt wird.“

 

Das parlamentarische Verfahren hat aber gerade erst begonnen: „Wir werden jetzt in Ruhe und mit parlamentarischem Selbstbewusstsein die Verhandlungen im Bundestag aufnehmen und als SPD insbesondere im Bereich der sozialen Sicherheit einen politischen Schwerpunkt setzen. Notwendige Priorisierungen und Einsparungen müssen mit weiterhin starken Zukunftsinvestitionen und starker sozialer Sicherheit verbunden sein, damit unser Land die großen Zukunftsaufgaben mit Zusammenhalt und Zuversicht weiter anpacken kann.“

 

Grüne: Viel erreicht für Klima, Soziales, Kultur, Mittelstand und Kindergrundsicherung

„Bis Ende November werden wir im Bundestag den Haushaltsentwurf intensiv bearbeiten und verbessern“, sagt Sven-Christian Kindler, Sprecher für Haushaltspolitik bei Bündnis90/Die Grünen. „Die Investitionen werden auf einem hohen Niveau gesichert, dabei geht es vor allem um Investitionen in saubere Mobilität und die Energie- und Wärmewende. Trotzdem müssen wir langfristig noch mehr in unsere Zukunft investieren.“

 

An vielen Stellen im Etat bestehe noch Nachbesserungsbedarf: „Ein brutaler Kahlschlag, wie von vielen befürchtet, ist allerdings verhindert worden. Das gelingt vor allem durch die Nutzung von Sondervermögen wie dem Klima- und Transformationsfonds für die Finanzierung wichtiger Investitionen, aber auch durch geplante Mehreinnahmen. Auch die Sozialversicherungen tragen zur Deckung der Haushaltslücke bei. Der konkrete Konsolidierungsdruck in den Einzeletats konnte so verringert werden. Das ist angesichts der immensen Herausforderungen wichtig.“

 

Einschnitte für den ländlichen Raum seien verhindert worden: „Die Gemeinschaftsaufgaben ‚Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes‘ (GAK) und ‚Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur‘ (GRW) sind weiterhin gut ausgestattet. Auch die Kürzung wichtiger Förderprogramme für Mittelstand und Industrie konnte verhindert werden. Es wäre ein fatales Signal, in einem wirtschaftlichen Abschwung die Förderung in diesem Bereich zu schwächen. Auch für Umweltschutz, Meeresschutz und Biodiversität hält der Haushalt weiterhin viele Mittel bereit.“

 

Das Auswärtige Amt werde fast eine Milliarde Euro mehr erhalten als im letzten Finanzplan vorgesehen: „Humanitäre Hilfe und zivile Krisenprävention bleiben damit zentrales Instrument der Außenpolitik. Auch die auswärtige Kulturpolitik konnte auf hohem Niveau gesichert werden. Wichtig ist zudem die Zusage, dass bei Mehrbedarfen aufgrund unvorhergesehener Krisen zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig gibt es ein erhebliches Missverhältnis zwischen den Ausgaben für Diplomatie, Humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und den Ausgaben für Verteidigung.“

 

Ebenso konnten Kürzungen im Programm „Demokratie leben!‘ verhindert werden: „Das Programm bleibt stabil. Das ist angesichts aktueller Entwicklungen rund um Verschwörungstheorien, Antisemitismus und extrem rechter Gewalt dringend nötig.“

 

CDU: „Keine Ausgabendisziplin und kein Konsolidierungsehrgeiz

Die Opposition kritisiert naturgemäß den Bundeshaushaltsentwurf. Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion erklärt der haushaltspolitischer Sprecher Christian Haase: „Die Einhaltung der Schuldenbremse ist eine verfassungsmäßige Selbstverständlichkeit und alles andere als eine Erfolgsgeschichte der Koalition, auch wenn der Bundesfinanzfinanzminister gerne etwas anderes behauptet. Wer bei Rekordsteuereinnahmen erneut das Maximum der möglichen Nettokreditaufnahme mit 16,6 Mrd. Euro ausschöpft, kann mit Geld offenkundig nicht umgehen. Die Koalition hat keine Ausgabendisziplin und keinen Konsolidierungsehrgeiz. Es fehlt ein haushaltspolitischer Grundkonsens, wonach man nicht mehr ausgeben kann als man einnimmt. Diese Art der Haushaltspolitik ist zukunftsvergessend, generationenfeindlich und ohne jede fiskalische Nachhaltigkeit.“

 

Die strukturellen Probleme im Haushalt würden „weiterhin nicht angegangen und wieder einmal auf den St. Nimmerleinstag geschoben“.
Die Ampelkoalition beschreite weiterhin den Schuldenpfad. Im Zeitraum 2024 bis 2027 sind Defizite in Höhe von insgesamt 63 Mrd. Euro geplant. Darüber hinaus gibt es noch einen Finanzierungsbedarf von 14,4 Mrd. Euro für 2025 bis 2027. „Damit besteht im eigentlichen Sinne eine Finanzierungslücke von annähernd 80 Mrd. Euro für den Zeitraum 2024 bis 2027, die überwiegend durch die Aufnahme neuer Schulden gedeckt wird.“

 

Zusammenstellung: Achim Kaemmerer
Foto: RalphsFotos/Pixabay

 


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