
Glaubensprüfung beim Vorstellungsgespräch: Arbeitgeber Diakonie darf konfessionslose Bewerber ablehnen
23.10.2025Bundesverfassungsgericht stellt klar: Religionszugehörigkeit als Einstellungsvoraussetzung widerspricht nicht Antidiskriminierungsrecht
Darf ein kirchlicher Arbeitgeber Bewerbungen von konfessionslosen oder andersgläubigen Personen ablehnen? Wie weit reicht das sogenannte Kirchenprivileg im „freien“ Arbeitsmarkt? In einem wegweisenden Beschluss vom 23. Oktober 2025 hat das Bundesverfassungsgericht grundsätzliche Fragen zur Religionsfreiheit und zur Diskriminierung im Arbeitsrecht geklärt: Der Zweite Senat gab einer Verfassungsbeschwerde der Evangelischen Diakonie Deutschland recht und hob ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 25. Oktober 2018 (Egenberger-Fall) auf. „Das höchste deutsche Gericht hat für Klarheit gesorgt“, kommentiert Diakonie-Vorstand Dr. Jörg Kruttschnitt. „Kirche und Diakonie dürfen in ihrer Einstellungspraxis in begründeten Fällen eine Kirchenmitgliedschaft ihrer Mitarbeitenden voraussetzen. Dies steht nicht im Widerspruch zum europäischen Antidiskriminierungsrecht.“ Staatliche Gerichte dürfen bei der Überprüfung einer Stellenbesetzung theologische Wertungen nicht selbst treffen – das obliegt den kirchlichen Arbeitgebern.
Kirchliches Selbstbestimmungsrecht gestärkt: Langer Weg durch die Instanzen
Der Fall begann mit einer Ausschreibung eines kirchlichen Arbeitgebers für eine Projektstelle, in der ausdrücklich verlangt wurde, dass Bewerberinnen oder Bewerber Mitglied einer evangelischen oder einer der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) angehörigen Kirche seien und sich mit dem diakonischen Auftrag identifizieren müssten. Eine Bewerberin ohne Angabe ihrer Religionszugehörigkeit wurde nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Sie klagte – und berief sich auf eine Diskriminierung wegen Religion gemäß § 15 Abs. 2 AGG.
In den Vorinstanzen wurde zunächst eine Entschädigung zugesprochen, später jedoch in der Berufung abgelehnt. Der EuGH hatte bereits 2018 entschieden (Rechtssache C-414/16), dass die Ablehnung eines Bewerbers wegen fehlender Religionszugehörigkeit nur dann zulässig sein darf, wenn diese Anforderung objektiv als „wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung“ im Hinblick auf das Ethos der Organisation angesehen werden kann – und dass eine wirksame gerichtliche Kontrolle darüber bestehen müsse.
Diakonie: Christliches Profil bleibt zentral für kirchliche und diakonische Arbeit
Heißt nun: „Die Voraussetzung einer Kirchenmitgliedschaft besteht weiter für Aufgaben mit besonderer Verantwortung für das christliche Profil, etwa in Verkündigung, Seelsorge oder evangelischer Bildung“, betont Dr. Kruttschnitt: „Die Einstellungsvoraussetzungen in Kirche und Diakonie sind kein Selbstzweck. Sie dienen der Erfüllung des christlichen Auftrags von Kirche und Diakonie, eines Dienstes an der Gesellschaft. Menschen dürfen darauf vertrauen, dass dort, wo Kirche und Diakonie draufsteht, auch Kirche und Diakonie drin ist. Dieses christliche Profil wird von den Mitarbeitenden getragen und ist durch die Religionsfreiheit und das Selbstbestimmungsrecht von Kirche und Diakonie verfassungsrechtlich geschützt.“
Quelle: Bundesverfassungsgericht / EKD
bearb.: KA
Fotos: PublicDomainPictures/U.Pohlmann / Pixabay
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