
Nordsee-Seelachs: Öko-Siegel futsch – nicht mehr nachhaltig?
02.09.2025FIZ erklärt: Neuberechnung der Fangquoten – Fischer trifft keine Schuld
Der Nordsee-Seelachs darf vorerst nicht mehr das Nachhaltigkeitssiegel des Marine Stewardship Council (MSC) tragen. Das vermeldet das Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ). Betroffen seien demnach mehrere europäische Fischereien, darunter auch die Kutterfisch-Zentrale in Cuxhaven. Der Entzug des Siegels sei aber keineswegs Folge von Fehlverhalten, sondern beruht auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Bestandsentwicklung.
Das FIZ erklärt die Hintergründe.
Was ist der MSC und wie funktioniert das Zertifikat?
Der MSC ist eine internationale Organisation, die nachhaltige Fischereien durch unabhängige Gutachter zertifizieren lässt. Der Standard geht oft über gesetzliche Mindestanforderungen hinaus und verlangt Vorsorgeansätze bei unsicheren Daten. So soll sichergestellt werden, dass Bestände langfristig stabil bleiben und Ökosysteme geschont werden.
Was war die Ursache für den Zertifikatsverlust?
Neue Berechnungen des International Council for the Exploration of the Sea (ICES) haben gezeigt, dass die Bestandsgröße und Fanggrenzen höher angesetzt werden müssen, nämlich von von 149.000 auf rund 180.000 Tonnen. Da die EU-Quoten bereits auf Basis alter Werte beschlossen waren, kam es rechnerisch zu einer minimalen Überfischung von 1,3 Prozent. Zusammen mit schwachen Nachwuchsjahrgängen führte dies zur Suspendierung des Siegels.
Was sagt die Wissenschaft dazu?
Fischereibiologen betonen, dass die Fischerei korrekt bewirtschaftet wird. Der Verlust des Siegels sei das Ergebnis methodischer Neubewertungen, nicht von Überfischung. Klimawandel und Nahrungsmangel belasten den Bestand zusätzlich, sodass weitere Neubewertungen wahrscheinlich sind. Aus wissenschaftlicher Sicht gilt die Seelachsfischerei dennoch als nachhaltig.
Was sagt der MSC?
Der MSC weist darauf hin, dass nicht er selbst, sondern unabhängige Gutachter über Zertifizierungen entscheiden. Die betroffenen Fischereien hätten sich stets vorbildlich verhalten, doch solange die Bestandsgesundheit wissenschaftlich infrage steht, könne kein Siegel vergeben werden. Ziel sei eine baldige Neubewertung.
Was sagt die Fischerei?
Die betroffenen Betriebe haben 2024 bewusst weniger gefangen als erlaubt – rund 25 Prozent der Quote blieben ungenutzt. Sie wollen sich nicht entmutigen lassen und arbeiten bereits mit Wissenschaft und Zertifizierern an einer möglichst schnellen Re-Zertifizierung.
Was bedeutet das für Handel und Verbraucher?
Der Verlust des Siegels zeigt die Grenzen wissenschaftlicher Systeme in dynamischen Ökosystemen. Für den Handel entfällt ein wichtiges Verkaufsargument, und Verbraucher verlieren Orientierung beim Einkauf. Zwar gibt es Seelachs aus anderen Regionen mit Zertifikat, doch für die letzte große deutsche Seelachsfischerei ist der Verlust besonders bitter. Fachleute betonen jedoch: Gefischt wird weiterhin verantwortungsvoll.
Quelle/Foto: Fisch-Informationszentrum (FIZ) e.V.
bearb. KA
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