Bilanz Deutschlandticket: 'Großer Erfolg' oder 'Geht so'...?

31.07.2023

Statista: Die meisten Nutzerinnen und Nutzer hatten vorher schon Abos oder Einzeltickets

Für 49 Euro deutschlandweit einheitlich den ÖPNV nutzen – für viele Fahrgäste, die relativ häufig mit Bus und Bahn unterwegs sind und vorher teurere Abos oder einzelne Tickets gebucht haben, ist das sicherlich eine feine Sache.

Doch ist das auch ein Anreiz, um mehr und neue Nutzerinnen und Nutzer zum Umstieg vom PKW auf öffentliche Verkehrsmittel zu motivieren?

 

"Geht so" – so kann man die Bilanz des Marktdatananalysten Statista deuten...

 

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11 Millionen Abos – ist das wirklich „viel“?

Es habe einige positive Effekte gegeben, erklärte der Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV): „Eine erste Auswertung von Mobilitätsdaten des Mobilfunkanbieters O2 Telefónica zeigt, dass der Anteil der Schiene an der Personenbeförderung im Vergleich zur Zeit vor Einführung des Tickets um etwa 2,5 Prozentpunkte gestiegen ist. Laut O2 Telefónica gibt es eine ‚wahrnehmbare Verlagerung von der Straße auf die Schiene‘. Besonders Pendelfahrten von mehr als 30 Kilometern verzeichneten im Juni einen Zuwachs von über einem Viertel im Vergleich zu April“, hieß es Ende Juli 2023.

 

Die Schlussfolgerung: „Das Deutschland-Ticket ist ein erfolgreiches Instrument, um die Menschen dazu zu bewegen, vermehrt auf Busse und Bahnen umzusteigen und somit einen Beitrag zur nachhaltigen Mobilität zu leisten.“

 

Und: Nach den ersten drei Monaten (Mai bis Juli 2023) seien rund 11 Millionen Deutschland-Ticket-Abos verkauft worden, freut sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing: "Es ist schon jetzt ein echter Gamechanger".

 

Evelyn Palla, Vorsitzende der DB Regio AG, ergänzt gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Im Juni 2023 sind 25 Prozent mehr Menschen mit unseren Regionalzügen gefahren als noch im April. Und nicht nur das: Sie haben auch deutlich längere Strecken im öffentlichen Nahverkehr zurückgelegt. Damit ist das Deutschlandticket jetzt bereits ein großer Erfolg." 

 

Klingt doch alles gut, oder?

 

Es gibt aber auch eine andere Lesart, denn andererseits heißt es beim VDV: Etwa 46% der Ticketverkäufe seien umgestellte ÖPNV-Abonnements, stamme also "von Fahrgästen, die bereits Stammkunden waren und nun in das günstigere Deutschland-Ticket-Abo gewechselt sind. Darüber hinaus gibt es rund 44% Neuabonnentinnen und -abonnenten, die in der Vergangenheit den ÖPNV bereits hin und wieder oder regelmäßiger genutzt haben und mit dem Deutschland-Ticket jetzt aus teureren und damit einnahmestarken Ticketangeboten in das günstige Abo wechseln.“

 

Das bedeutet im Umkehrschluss: Es gibt relativ wenig Neukundinnen und Neukunden, die bisher kaum oder überhaupt nicht Bus und Bahn genutzt haben.

Die Quote sei leicht auf rund 8% gestiegen. 

Infografik: 8 Prozent der Deutschlandticket-Käufer:innen sind neu im ÖPNV | Statista  

Kann man da also wirklich schon von einem „Erfolg“ sprechen?

 

Nicht für alle erschwinglich – 9-Euro-Ticket 52 Millionen Mal verkauft – "Digital First" ist „Barriere“

Statista sieht das etwas differenzierter: „Das für 49 Euro erhältliche Ticket steht auch aus zahlreichen Lagern in der Kritik. So sei der Preis gerade für finanziell weniger gut gestellte Deutsche kaum erschwinglich. Der Vorgänger, das 9-Euro-Ticket, sei im Juni, Juli und August [2022] laut VDV etwa 52 Millionen Mal verkauft worden. Weiterhin stelle die digital-first-Strategie bei der Ausstellung der Tickets eine Barriere für Bürger:innen ohne entsprechende Endgeräte beziehungsweise adäquate Nutzungskompetenz dar. Dem will das VDV mit der Ausgabe von bis zu 30 Millionen Chipkarten entgegenwirken. Aktueller Auswertungen zufolge haben 37 Prozent der Käufer:innen ihr Ticket auf einer Chipkarte erworben, 49 Prozent besitzen das Deutschlandticket rein digital.“

  

Wie auch immer, für den VDV steht fest: "Angesichts der steigenden Nachfrage und wachsenden Auslastung von Bussen und Bahnen wird es nun wichtig sein, das Deutschland-Angebot im öffentlichen Nahverkehr weiter auszubauen, um eine effiziente und umweltfreundliche Mobilität für alle zu gewährleisten."

 

Würden sich dann wirklich noch mehr Menschen für den ÖPNV entscheiden...?

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Fotos/Collage: anzeiger24.de

 


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