
Prüfbericht zum Haushaltsdesaster: „Knallharte Abrechnung und Verantwortungslosigkeit“
21.11.2024Hätte die Verwaltung den Einbruch der Einnahmen sehen müssen? Grüne fühlen sich bestätigt
„Uns fehlen wirklich die Worte. Dieser Bericht klingt wie eine knallharte Abrechnung und zeigt die ganze Verantwortungslosigkeit, mit der diese Stadt geführt wird“, so kommentieren die Leverkusener Grünen die Lagebeurteilung des Fachbereichs Rechnungsprüfung und Beratung in Bezug auf das Haushaltsdesaster. Im Fachausschuss am 21. November 2024 haben sie sogar gegen den Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses 2023 und damit auch gegen die Entlastung des Oberbürgermeisters gestimmt – das gab es in der Geschichte der Ratsfraktion bisher noch nie.
Im August 2024 gab die Stadtspitze ein wahrscheinliches Defizit von 840 Millionen Euro bis 2028 bekannt – mit dem Hinweis, dass das "nicht vorhersehbar" gewesen sein soll.
Doch das wollten die Grünen nicht wirklich glauben – und fühlen sich nun bestätigt: „Das, was sich in dem Bericht nachlesen lässt, ist ein Skandal. Jetzt kommt die Wahrheit ans Licht.“
Was genau hat die Rechnungsprüfung ergeben?
Hat das Risikofrüherkennungsrisiko nicht funktioniert?
Scheinbar hat es „Unzulänglichkeiten“ im so genannten „rechnungslegungsbezogenen internen Kontrollsystem“ (IKS) gegeben, schreibt Guido Krämer, Leiter der örtlichen Rechnungsprüfung: „So stelle sich die Frage, „ob man die sich erheblich verschlechternde Haushaltslage nicht früher hätte erkennen können bzw. müssen“.
Bei der Aufstellung des Jahresabschlusses und Lageberichts für das Jahr 2023 im Juli 2024 habe die Verwaltung das Risiko und die negative Entwicklung bei den Erträgen aus Steuern und Abgaben als „mittel-hoch“ eingestuft: „Angaben zur Entwicklung der Gewerbesteuer werden insoweit gemacht, als dass die Ergebnisse der Vorjahre und der Haushaltsansatz 2024 wiedergegeben werden. Eine Prognose über das Steueraufkommen oder die Beschreibung von diesbezüglichen Szenarien ist dem Bericht nicht zu entnehmen (…) Die Frage, wann die Verwaltung erstmals Kenntnis von der geänderten haushaltswirtschaftlichen Lage hätte nehmen können, kann hier offenbleiben. Zumindest die Zahlen und Berichte zur gesamtwirtschaftlichen Lage wiesen auf einen allgemeinen Konjunkturabschwung hin. Selbst wenn für die Betriebe in Leverkusen keine belastbaren Zahlen früher verfügbar waren, so hätte man erwarten können, dass sich das aus der gesamtwirtschaftlichen Lage erwachsene Risiko, dass Gewinnrückgänge von Unternehmen oder nicht realisierte Unternehmensansiedlungen das Gewerbesteueraufkommen gegenüber der Planung erheblich mindern, (deutlicher) kommuniziert wird. Risiken frühzeitig nicht nur zu erkennen (Risikofrüherkennungssystem), sondern diese auch in einem festen Format zu kommunizieren und zu adressieren, ist eine wichtige Aufgabe des Controllings.“
Außerdem habe durch den Zeitverzug bei der Aufstellung des Gesamtabschlusses „ein zentrales Informations- und Steuerungsinstrument im Beteiligungsmanagement gefehlt“, um ein zutreffendes und vollständiges Bild über (die) tatsächliche Vermögens-, Finanz- und Ertragslage insgesamt zu ermitteln: „[Daraus] erwächst ein erhöhtes Risiko für das Beteiligungsmanagement und auch für die Stadt als Mutterunternehmen. Durch Informationsdefizite verursachte Fehlentwicklungen im Konzern Stadt können zu finanziellen Mehrbelastungen im städtischen Haushalt führen. Im Lagebericht zum Jahresabschluss 2023 werden keine Aussagen zur Entwicklung der städtischen Beteiligungen und deren Chancen und Risiken für den städtischen Haushalt getroffen.“
Grüne fordern "Ende der Salami-Taktik"
Die Verwaltung hatte zuletzt Ende September 2024 schriftlich behauptet: „Zum Zeitpunkt der Jahressollstellung Anfang Januar 2024 war die Entwicklung der GewSt zwar noch nicht ‚voll im Soll‘, aber die letztendlichen Auswirkungen konnten noch nicht abgesehen werden. Insofern war aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre von einem planmäßigen Verlauf auszugehen.“
Die Leverkusener Grünen betonen nun, dass sie genau dies immer wieder „hinterfragt“ hätten: „Die mangelnde Risikoeinschätzung der Verwaltung ist nicht der einzige Kritikpunkt: Laut dem Jahresabschlussbericht sei auch klar, dass es gegebenfalls einen Nachtragsbeschluss zur Haushaltssatzung 2024 geben müsse, allein um den Höchstbetrag der Kredite zur Liquiditätssicherung in Höhe von 800 Millionen Euro sicherstellen zu können“, sagt die Fraktionsvorsitzende Claudia Wiese.
Daher fordert sie ein „Ende der Salamitaktik“ der Stadtspitze zu den möglichen Sparmaßnahmen sowie „mehr Transparenz und dass schnellstmöglich über die wirklich relevanten Fragen zur Haushaltskonsolidierung gesprochen wird, anstatt im Klein-Klein zu verharren“.
Bericht: Achim Kaemmerer
Fotos/Montage: anzeiger24.de / Pixabay
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