Leverkusener Pride Verein sagt klar: „Nein, wir werden nicht leiser!“

17.09.2025

Reaktion auf Artikel von Jacques Schuster, Chefredakteur der Welt am Sonntag

Zwei Minuten Lesezeit genügen angeblich, um sich die veröffentlichte Meinung von Jacques Schuster (Welt am Sonntag, 13. September 2025) zu Gemüte zu führen. Unter der Überschrift „Liebe LGBTQ – geht es ein wenig leiser?“ fordert er queere Menschen und Bewegungen auf, ihre Sichtbarkeit und Lautstärke zurückzunehmen.

 

Für die Betroffenen selbst dürfte es jedoch deutlich länger dauern, diese Position zu lesen und zu verdauen. Die Wortwahl Schusters erinnert dabei an ein Statement von Kanzler Friedrich Merz im Sommer in einer ARD-Talkshow: Als es um das Hissen der Regenbogenflagge am Bundestag zum Christopher Street Day ging, erklärte er lapidar und zugleich drastisch: „Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt.

 

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Dass beide Äußerungen heftige Kritik nach sich ziehen, überrascht kaum. Auch der Verein Pride am Rhein e.V. aus Leverkusen reagiert mit „Verwunderung und deutlicher Ablehnung“ auf den Kommentar von Jacques Schuster. Der Verein macht in seiner gestrigen Presseerklärung klar: „Sichtbarkeit ist für queere Menschen kein Luxus, sondern eine existenzielle Notwendigkeit. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums wurden im Jahr 2024 rund 1.765 queerfeindliche Straftaten gegen die sexuelle Orientierung registriert – ein Anstieg von 18 % im Vergleich zum Vorjahr. Hinzu kamen 1.152 Straftaten gegen trans- und nicht-binäre Menschen, was sogar einem Zuwachs von 35 % entspricht. Diese Zahlen zeigen deutlich: Schweigen schützt nicht, sondern macht verletzlich.“ 

 

„Wir widersprechen dieser Haltung entschieden“, erklärt Marco Sahler, geschäftsführender Vorstand von Pride am Rhein e.V. und Gesamtleiter des CSD Leverkusen. „Sichtbarkeit ist keine Provokation, sondern eine Notwendigkeit – gerade in Zeiten, in denen die Zahl queerfeindlicher Straftaten stetig steigt.“

 

Die Geschichte queerer Menschen in Deutschland sei geprägt von Unsichtbarmachung, Verfolgung und Ausgrenzung. „Noch heute erleben queere Menschen Diskriminierung, Anfeindungen und Gewalt. Schweigen schützt uns nicht – im Gegenteil: Schweigen macht uns verletzlich“, ergänzt Sahler.

 

Für Pride am Rhein e.V. ist deshalb klar, dass die eigene Arbeit in Leverkusen und darüber hinaus nicht zurückgefahren, sondern gestärkt werden muss. Veranstaltungen wie der CSD Leverkusen bieten eine Plattform für Austausch, Begegnung und Solidarität – und senden ein unmissverständliches Signal in die Gesellschaft.

 

„Wer fordert, dass wir leiser werden sollen, verkennt, dass es um Grundrechte geht“, betont Corinna Jüngling, Vorstandsmitglied Ehrenamt. „Wir kämpfen nicht für Sonderrechte, sondern für Menschenrechte – für die gleichen Rechte wie alle anderen. Denn wir sind Menschen wie du.“

 

Sarah Frensch, Vorstandsmitglied Integration, verweist dabei auf die lokale Dimension: „Mit dem CSD Leverkusen schaffen wir einen Raum, in dem queere Menschen selbstbewusst, solidarisch und sicher auftreten können. Wir senden damit die klare Botschaft: Wir gehören dazu – mitten in dieser Stadt.“

 

Auch mit Blick auf aktuelle politische Entwicklungen sieht der Verein keinen Spielraum für Zurückhaltung. „Gerade in einer Zeit, in der rechtspopulistische und rechtsextreme Kräfte auch in unseren Kommunen an Einfluss gewinnen, ist es unsere Pflicht, laut, bunt und unübersehbar zu sein“, sagt Sonja Dawson, Vorstandsmitglied Marketing & Social Media. „Wir werden nicht leiser – weil wir es nicht können und nicht dürfen, solange Diskriminierung, Ungleichheit und Gewalt Realität sind.“

 

Pride am Rhein e.V. versteht sich in Leverkusen als Stimme für eine offene, vielfältige und solidarische Gesellschaft. Der Verein betont, dass Vielfalt kein Störfaktor, sondern eine Bereicherung ist – und dass Leverkusen ein sicherer Ort für alle Menschen sein muss, unabhängig von sexueller Orientierung, geschlechtlicher Identität, Herkunft oder Lebensweise.

 

Foto: Bearbeitung bei anzeiger24.de: Bettina Lyko

 

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