Soziale Pflegeversicherung: Beitragssätze für Familien müssen neu geregelt werden

Bundesverfassungsgericht: Eltern mit mehr Kindern sind benachteiligt

Die Beitragssätze für die soziale Pflegeversicherung für Familien müssen vom Gesetzgeber bis zum 31. Juli 2023 neu geregelt werden: Beitragspflichtige Eltern mit mehreren Kindern seien bisher benachteiligt und sollten stärker entlastet werden, so ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Mai 2022.

Der Erste Senat hat entschieden, dass § 55 und § 57 des 11. Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz unvereinbar seien: beitragspflichtige Eltern in der sozialen Pflegeversicherung werden unabhängig von der Zahl der von ihnen betreuten und erzogenen Kinder mit gleichen Beiträgen belastet. Bei einer höheren Kinderzahl steige auch der Erziehungsmehraufwand; das sei aber im geltenden Beitragsrecht nicht berücksichtigt. „Die gleiche Beitragsbelastung der Eltern unabhängig von der Zahl ihrer Kinder ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt“, erklärt das Bundesverfassungsgericht.

 

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Hintergrund

In der Urteilsbegründung wird der Sachverhalt erläutert: „Seit dem 1. Januar 2019 beträgt der Beitragssatz der sozialen Pflegeversicherung 3,05 %. Für Versicherte, die das 23. Lebensjahr vollendet haben und nicht Eltern sind, erhöht sich der Beitragssatz um einen Beitragszuschlag für Kinderlose, den sozialversicherungspflichtig Beschäftigte stets allein tragen (§ 55 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB XI). Bis einschließlich 31. Dezember 2021 betrug dieser unverändert 0,25 Beitragssatzpunkte und wurde mit Wirkung ab dem 1. Januar 2022 auf 0,35 Beitragssatzpunkte angehoben.

Der mit Wirkung zum 1. Januar 2005 eingeführte Beitragszuschlag für Kinderlose geht zurück auf das sogenannte Pflegeversicherungsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 2001. Das Bundesverfassungsgericht stellte dort fest, dass es mit Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren sei, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen und damit neben dem Geldbeitrag einen zusätzlichen Beitrag zur Funktionsfähigkeit eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems leisten, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden. Hingegen erfolgt weder im Beitragsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung noch in dem der gesetzlichen Krankenversicherung eine Berücksichtigung der Kindererziehung.“

 

Beiträge zur Rentenversicherung vom Urteil nicht betroffen

Andere Verfassungsbeschwerden, die die Berücksichtigung der Betreuung und Erziehung von Kindern bei der Bemessung des Beitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur gesetzlichen Krankenversicherung betrafen, hat das Bundesverfassungsgericht jedoch zurückgewiesen: „Das Beitragsrecht der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung verletzt Art. 3 Abs. 1 GG nicht dadurch, dass Mitglieder mit Kindern mit einem gleich hohen Versicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden. Insoweit fehlt es an einer Benachteiligung der Eltern, weil der wirtschaftliche Erziehungsaufwand im System der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung jeweils hinreichend kompensiert wird.“

 

Die komplette Begründung für das Urteil findet sich hier…

Quelle: Pressemitteilung Bundesverfassungsgericht, 25. Mai 2022

Foto: kalhh/Niek Verlaan/QuinceCreative / Pixabay

 


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