
Knallen Ja – aber mit gebotener Vorsicht, oder ganz verbieten?
Umwelthilfe fordert 'Böller-Notbremse' – Feuerwehr und TÜV geben Sicherheitstipps
Ab dem 28. Dezember startet in Deutschland der Silverster-Feuerwerks-Verkauf. Knallfrösche, Kanonenschläge, Himmelsstürmer und viele andere Kracher werden dann vermutlich wieder massenweise eingekauft.
Die Diskussion ist natürlich nicht neu und wird jedes Jahr neu entfacht: Sein lassen, gar verbieten, oder sich daran erfreuen, aber immer mit gebotener Vorsicht?
Für die Deutsche Umwelthilfe, die Bundesärztekammer, die Gewerkschaft der Polizei und 20 weitere Organisationen ist der Fall klar: Wegen der drohenden Überlastung der Notfallkliniken, der zu erwartenden erneuten Attacken auf Polizei und Feuerwehr und natürlich wegen der Klimaschäden fordern sie in einem Offenen Brief von Bundesinnenministerin Nancy Faeser eine „ein kurzfristiges, sofort gültiges Anwendungsverbot für Böller und Raketen zum Schutz vor allem von Einsatzkräften, Kindern, Asthmakranken und anderen Unbeteiligten sowie von Tieren“.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Das Zusammenspiel aus hoch belasteten Kliniken, einer weiteren Krankheitswelle sowie tausenden Verletzten, Millionen Tieren in Panik und extremer Luftverschmutzung zu Silvester erfordert eine sofortige Reaktion. Insbesondere Kinder mit Atemwegserkrankungen können in diesem Jahr schwer betroffen sein. Das darf die Ministerin, die für Gefahrenabwehr zuständig ist, nicht einfach ignorieren. Es braucht jetzt die Notbremse gegen den Böller-Irrsinn. Und dann ein dauerhaftes Böllerverbot für alle folgenden Jahre. Wir haben ein Recht auf ein schönes und gesundes Silvester für alle – und das ist mit tausenden teils schwer Verletzten, Millionen Lungenkranken, die unter der giftigen Luft leiden, und Millionen Tiere, die in Panik geraten, sich verletzen oder sogar sterben nicht möglich. Von Belastungen und Folgen für Ärztinnen und Ärzte, Rettungsdienste, Polizei und Feuerwehr sowie den weiteren Umweltfolgen ganz zu schweigen."
So wird "sicher" geböllert"
Nun werden sicherlich viele Pyro-Begeisterte sagen: „Warum gleich verbieten – nur wegen ein paar Knallköpfe?“
Denn gefährlich wird es ja meistens erst, wenn man fahrlässig und unkorrekt mit den Raketen und Sprengkörpern umgeht.
Der Deutsche Feuerwehrverband und der TÜV-Verband geben daher folgende Tipps für eine „möglichst sichere Silvesterfeier“:
- Illegale Knallkörper tragen oft Namen wie M80, M100, Blockbuster oder Quarterpounder. Sichere Feuerwerksprodukte lassen sich am CE-Kennzeichen und der Kennnummer der Prüfstelle sowie der kompletten Registriernummer erkennen. Nur von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) geprüfte Pyrotechnik darf in Deutschland verwendet werden. Die zulässige Registriernummer setzt sich zusammen aus der BAM-Kennnummer, der Bezeichnung der Feuerwerkskategorie und einer fortlaufenden Nummer für das Produkt, zum Beispiel 0589-F2-1234.
- Zünden Sie Feuerwerkskörper nur dort, wo dies auch erlaubt ist. Das Abbrennen der Böller in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen, Fachwerk- und Reetdachhäuser ist untersagt. Auch in der Nähe von Sträuchern, Bäumen oder Gebäuden sollte nicht „geknallt“ werden.
- Nehmen Sie nach dem Anzünden einen ausreichenden Sicherheitsabstand ein. Werfen Sie Feuerwerkskörper und Raketen nicht blindlings weg – und zielen Sie niemals auf Menschen.
- Zünden Sie nicht gezündete Feuerwerkskörper (Blindgänger) niemals noch einmal.
- Stellen Sie auf keinen Fall Feuerwerkskörper selbst her oder erwerben illegal vertriebenes Feuerwerk. Hierbei kann es zu schwersten Verletzungen kommen!
- Schützen Sie Ihre Wohnung in der Silvesternacht vor Brandgefahren. Entfernen Sie Möbel, Hausrat und andere brennbare Gegenstände von Balkonen und Terrassen. Halten Sie Fenster und Türen geschlossen.
- Feuerwerkskörper niemals in der Jacken- oder Hosentasche oder direkt am Körper aufbewahren, da die Gefahr einer plötzlichen Entzündung besteht.
- Alle pyrotechnischen Gegenstände von leicht brennbaren Materialien wie zum Beispiel vertrocknetem Laub oder Verpackungsresten fernhalten.
- Auch bei niedrigen Temperaturen einen Eimer Wasser für den Notfall bereitstellen.
- Raketen und Knallkörper nie in der Hand zünden: Knaller und Böller zum Anzünden auf den Boden legen und dabei nicht über den Feuerwerkskörper beugen.
- Zum Abschießen von Raketen möglichst massive leere Glasflaschen (zum Beispiel für Sekt) verwenden. Zusätzliche Stabilität bietet ein Getränkekasten. Raketen senkrecht nach oben positionieren.
- Raketen nur von ebenen Flächen aus starten: Durch Gefälle kann sich der Abschusswinkel stark verändern und Personen gefährden.
- Raketen immer von anderen Personen, Häusern, Autos, Tieren etc. ausrichten.
- Funktioniert eine Rakete oder ein Böller nicht, eine Weile Abstand halten, dann den Blindgänger mit Wasser löschen und im Müll entsorgen.
- Die Verwendung von Feuerwerk in geschlossenen Räumen ist verboten. Ausnahme: Zimmerfontänen, Tischfeuerwerk & Co; diese sollten aber niemals in der Nähe von leicht entflammbaren Stoffen wie zum Beispiel Gardinen, sondern nur auf einer feuerfesten Unterlage gezündet werden.
- Kleinstfeuerwerke, also Knallerbsen oder Wunderkerzen, dürfen von Kindern und Jugendlichen gezündet werden. Doch Vorsicht: "Für Kleinkinder sind alle Feuerwerkskörper, also auch Wunderkerzen und Knallerbsen tabu", mahnt Dr. Hermann Dinkler, Experte für Brand- und Explosionsschutz beim TÜV-Verband. "Wunderkerzen können rund 1.000 Grad Celsius heiß werden. Das reicht aus, um Gold zu schmelzen." Auch abgebrannte Wunderkerzen sind nichts für Kinderhände. Denn wenn sie die Stäbchen in den Mund nehmen, besteht erhebliche Vergiftungsgefahr.
- Eltern sollten deshalb ihre Kinder im Vorfeld über den Umgang mit Feuerwerkskörpern aufklären und auf mögliche Gefahren hinweisen. Minderjährige dürfen nur unter Aufsicht mit den Feuerwerkskörpern hantieren. Damit die Aufsichtspersonen in Gefahrensituationen schnell und überlegt eingreifen oder bei Verletzungen mit dem Auto in die Notaufnahme fahren können, sollten sie nicht unter Alkoholeinfluss stehen.
- Beim Feuerwerk mit Kindern ist auch deren richtige Kleidung wichtig. Ohren und Nacken können durch eine gut sitzende Mütze und eine hochgeschlossene Jacke bedeckt werden. Zudem ist festes Schuhwerk für einen sicheren Stand wichtig. Lange Haare sollten zu einem Zopf gebunden werden.
- Kinder, die selbst zündeln, sollten keine Handschuhe tragen, um ein Feuerzeug oder ein Streichholz sicher halten zu können.
- Feuerzeuge sind in der Regel mit einem kindersicheren Auslösemechanismus ausgestattet, der von Kindern meist nur mit großem Kraftaufwand betätigt werden kann. Aus diesem Grund eigenen sich besonders lange Streichhölzer, die einen gewissen Abstand zum Körper ermöglichen und lange brennen.
- Brennende Streichhölzer sollten nicht in Panik fallen gelassen oder in der Luft geschwenkt, sondern beherzt ausgepustet werden.
- Knallkörper sind eine Gefahr für empfindliche Kinderohren. Die Explosion eines Knallkörpers kann je nach Entfernung eine Lautstärke von 130 bis 175 Dezibel erreichen. Das ist lauter als ein Presslufthammer und überschreitet die Schmerzgrenze von 120 Dezibel. Ein einziger lauter Knall kann so zu Hörschäden, Lärmtraumata, Tinnitus oder Hörsturz führen. Deshalb sollten Kinder beim Böllern Gehörschutzstöpsel oder Kapselgehörschützer tragen.
Weitere Infos zum richtigen Gehörschutz gibt es hier.
Eigentlich sind dies einleuchtende und nachvollziehbare Regeln.
Daher kann man nicht oft genug appellieren: Bitte daran halten, wenn schon geballert werden muss.
Bericht/Zusammenstellung: Achim Kaemmerer
Foto: meineresterampe/Pixabay
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