
Neues Wehrdienst-Modell: Wer 18 wird, erhält Post vom Staat
27.08.2025Nach der Schule in die Kaserne? Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf – erst freiwillig, irgendwann aber wieder Pflicht?
In den knapp letzten 15 Jahren dachte das deutsche Volk, der Ost-West-Konflikt und der Kalte Krieg seien längst überwunden, es gäbe keinen „Feind“ mehr, der uns angreifen wolle – also brauchen wir auch bei der Bundeswehr keine Wehrpflicht mehr. Nur noch eine Berufsarmee für die internationalen Einsätze und einen Freiwilligen Wehrdienst wurden aufrecht erhalten – wenn auch nicht mit der notwendigen Ausstattung. Eine ganze Generation – genau gesagt alle Schulabgänger seit 2011 – musste nicht mehr zur Musterung und auch keinen Wehrdienst, bzw. keinen sozialen Ersatzdienst mehr leisten. Diese Zeit scheint nun vorbei zu sein. Jetzt muss sich die nächste heranwachsende Generation mit dem Gedanken anfreunden, dass sie doch wieder Post vom Staat bekommen wird. Die Diskussion schwelt schon länger, nun werden die Pläne der Bundesregierung allmählich konkreter. Das Bundeskabinett hat am 27. August 2025 einen Gesetzentwurf für ein „neues Wehrdienstmodell“ beschlossen, wie das Bundesverteidigungsministerium verkündet.
Was sieht der Plan vor?
Alle 18-Jährige sollen angeschrieben werden – was dann?
Weil die Bundeswehr nicht genug Soldatinnen und Soldaten hat, um für künftig zu erwartende Militäreinsätze gewappnet zu sein, soll der Freiwillige Wehrdienst zum Status Soldat/Soldatin auf Zeit mit „versorgungsrechtlichen Verbesserungen“ und mehr Besoldung für junge Menschen „attraktiver werden“, sagt Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius.
Die Wehrerfassung soll ab 2026 alle jungen Menschen ab ihrem 18. Geburtstag schriftlich anfragen, ob sie Wehrdienst leisten möchten. Männer werden verpflichtet, den Onlinefragebogen auszufüllen, junge Frauen oder „Personen anderen Geschlechts“ können freiwillig antworten. Wer seiner Pflicht zur Rückmeldung nicht nachkommt, begeht ggf. eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld geahndet werden kann.
Wer sich zum Wehrdienst meldet, wird zu einem Assessment eingeladen. Die Musterung soll ab dem 1. Juli 2027 eingeführt werden. Dabei werden u.a. die „Bereitschaft“ zum Dienst an der Waffe und die körperliche Eignung geprüft.
Neue Wehrdienstleistende sollen sich für eine Dauer von 23 Monaten bis 25 Jahre verpflichten können: „Je nach Bildungsgrad, Qualifizierung, Eignung oder Bedarf ist es unabhängig davon möglich, die Laufbahn zu wechseln und später sogar Berufssoldatin oder Berufssoldat zu werden“, heißt es weiter.
Das Ministerium betont: dies sei keine Rückkehr zur – vorläufig ausgesetzten – Wehrpflicht. Das neue System, sollte es so im Bundestag verabschiedet werden, basiere auf Freiwilligkeit.
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Kann so der Personalbedarf gedeckt werden?
Nun stellt sich die Frage: Wird diese Maßnahme ausreichen, um genügend Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten zu rekrutieren? „Im Falle der Landes- und Bündnisverteidigung ist insgesamt von einem notwendigen Verteidigungsumfang von 460.000 Soldatinnen und Soldaten einschließlich der Reserve auszugehen“, schreibt das Bundesverteidigungsministerium. „Im ersten Jahr können im Rahmen des Neuen Wehrdienstes circa 5.000 Soldatinnen und Soldaten zusätzlich aufgenommen werden. Zur Einordnung: Das Verteidigungsministerium rechnet mit rund 350.000 Männern pro Jahrgang, die dazu verpflichtet sind, den Fragebogen und die Bereitschaftserklärung auszufüllen.“
Soweit der Vorschlag des Ministers Pistorius, SPD. Die Union in der Regierungskoalition hatte eigentlich auf eine schnellere Wiedereinführung der ursprünglichen Wehrpflicht gedrängt. Bei der Vorstellung des neuen Modells zeigte sich Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) allerdings optimistisch, dass genügend junge Menschen für die Bundeswehr gewonnen werden könnten. Sollte dies nicht passieren, bzw. „sollte sich die sicherheitspolitische Lage verschärfen oder die Möglichkeiten zur freiwilligen Bedarfsdeckung erschöpft sein, kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages die verpflichtende Einberufung zum Wehrdienst beschließen“, erklärte Merz.
Also: Sollte der Gesetzentwurf vom Bundestag beschlossen werden, müssen Teenager erst einmal keine Zwangsrekrutierung befürchten. Doch das kann sich mit der Weltlage in den nächsten Jahren wieder ändern – und die "alten Zeiten" könnten zurück kehren...
Bericht: Achim Kaemmerer
Quelle: Bundesverteidigungsministerium / Bundesregierung / tagesschau
Foto: kgd2020/Pixabay
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