
Mehr Schulden für mehr Sicherheit und Investitionen – Bundestag beschließt umstrittenes Sondervermögen
18.03.2025500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaschutz – Verteidigungsausgaben von Schuldenbremse ausgeklammert
Es ist ein umstrittenes Vorgehen. Doch offenbar ist die Taktik von CDU-Chef Friedrich Merz doch noch in letzter Minute aufgegangen: Der Bundestag hat am Dienstag, 18. März 2025, nach zähem Ringen mit SPD und Grünen die Lockerung der Schuldenbremse und die Grundgesetzänderung zugunsten höherer Verteidigungsausgaben und ein Sondervermögen Infrastruktur von 500 Milliarden Euro beschlossen. Die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit zur Änderung des Grundgesetzes wurde durch genügend Stimmen erreicht – 513 Angeordnete stimmten mit „Ja“, 207 dagegen, ohne Enthaltung.
Damit hat Merz einen Erfolg erzielt, noch bevor er offiziell zum Bundeskanzler gewählt wurde. Doch der Preis ist hoch, und damit ist nicht nur die gigantische Summe gemeint. Das milliardenschwere Finanzpaket ist genau das Gegenteil von dem, was er im Wahlkampf proklamiert hat. Und das Vorgehen erschien eher holprig statt durchdacht – und außerdem sehr riskant.
Außerdem wollten andere Fraktionen wie die AfD, Linke und AfD die Abstimmung verhindern, weil sie noch vom „alten“ Bundestag durchgeführt wurde und es zu wenig Zeit zur Begutachtung der einzelnen Anträge gab – nämlich nur das vergangene Wochenende. Die neue Regierung wird auch erst in der darauffolgenden Woche offiziell gebildet. Entspricht das noch dem Wählerwillen der Bundestagswahl vom 23. Februar?
Hat Merz also auch Vertrauen der Wähler verspielt?
Was wurde beschlossen?
Künftig werden Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Unterstützung völkerrechtswidrig angegriffener Staaten über einer Schwelle von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht mehr auf die Schuldenbremse angerechnet. Diese Ausnahmeregel wird im Grundgesetz verankert.
Zudem wird ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro geschaffen, das über zwölf Jahre zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und den Klimaschutz bis 2045 finanzieren soll. Auch diese Mittel werden von der Schuldenregel ausgenommen. 100 Milliarden Euro gehen an die Länder, weitere 100 Milliarden fließen in den Klima- und Transformationsfonds. Investitionen gelten dabei nur als „zusätzlich“, wenn die Bundeshaushalte jährlich eine Mindest-Investitionsquote von zehn Prozent erreichen.
Außerdem erhalten die Länder künftig einen eigenen Verschuldungsspielraum von bis zu 0,35 Prozent des BIP. Bisherige landesrechtliche Schuldenregeln, die strengere Vorgaben machen, treten damit außer Kraft.
Eine Hürde gibt es für dieses milliardenschwere Paket aber noch: Der Bundesrat muss auch noch zustimmen.
Was sagen die drei Parteien?
CDU-Chef Friedrich Merz verteidigte den Kurswechsel seiner Partei mit der wachsenden Bedrohungslage durch Russland und sprach von einem „Paradigmenwechsel“ in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Für Merz ist die Entscheidung ein Schritt hin zu einer eigenständigen europäischen Verteidigung. Zugleich betonte er, dass die zusätzlichen Schulden den Konsolidierungsdruck auf die öffentlichen Haushalte erhöhen werden.
Unterstützung kam von SPD und Grünen: SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil sprach von einer „historischen Entscheidung“ und forderte mehr Führungsverantwortung Deutschlands in Europa. Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mahnte schnelles Handeln angesichts der weltpolitischen Lage an. Für die Grünen erklärte Britta Haßelmann die Zustimmung ihrer Fraktion, kritisierte aber das vorherige Zögern der Union. Investitionen in Sicherheit und Demokratie seien überfällig, so Haßelmann.
Was sagen die Gegner und Kritiker?
Scharfe Kritik kam von der FDP, die von einer „Schuldenkoalition“ sprach und eine Aufweichung der Schuldenbremse beklagte. Fraktionschef Christian Dürr warnte vor „hemmungsloser Verschuldung“ und einer Rekord-Staatsquote.
Auch die AfD lehnte das Gesetzespaket ab. Ko-Fraktionschef Tino Chrupalla warf Merz Machtstreben vor und sprach von planloser Verschuldungspolitik. Zudem warnte er vor einer neuen Konfrontationspolitik gegen Russland.
Die Linke bezeichnete den Beschluss als „gigantische Aufrüstungsverschuldung“. Abgeordneter Sören Pellmann warf Merz „Hasardeur-Politik“ vor. Sahra Wagenknecht (BSW) sprach gar von „Kriegskrediten mit grünem Anstrich“ und warf den Grünen „Kriegsverrücktheit“ vor.
Quelle: Deutscher Bundestag
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