Bürgerrat Bildung und Lernen: 19 Empfehlungen für ein zukunftsfähiges Bildungssystem

29.01.2025

Chancengerechtigkeit, zeitgemäßes Lernen und mehr Mitbestimmung – so soll es gehen

Am Internationalen Tag der Bildung hat der Bürgerrat Bildung und Lernen ein umfassendes Reformpaket für das deutsche Bildungssystem vorgelegt. Mit 19 konkreten Empfehlungen an die Politik wollen die rund 120 Bürgerratsmitglieder die Weichen für mehr Chancengerechtigkeit, zeitgemäßes Lernen und eine stärkere Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen stellen. Die Vorschläge reichen von der frühkindlichen Bildung über schulische Reformen bis hin zur beruflichen Ausbildung – und könnten weitreichende Veränderungen nach sich ziehen.

 

Mehr Freiheit und Chancengerechtigkeit in der Bildung

Zentrales Anliegen des Bürgerrats ist es, Bildungseinrichtungen und Lernenden mehr Freiheiten einzuräumen, um individuelles und lebensnahes Lernen zu fördern. Im Fokus stehen Reformen wie die Einführung von Noten erst ab der 9. Klasse. Bis dahin sollen Kinder und Jugendliche individuelles Lern-Feedback erhalten, das ihre persönliche Entwicklung besser abbildet. Diesem Vorschlag stimmten 77 Prozent der Bürgerräte zu.

 

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Ein weiterer Vorschlag betrifft die Abschaffung von Hausaufgaben. Stattdessen sollen sogenannte Vertiefungsstunden im Unterricht integriert werden, um das Lernen besser zu begleiten und gleichzeitig Chancengleichheit zu fördern. Für diesen Ansatz sprachen sich 71 Prozent der Teilnehmer aus.

 

Frühkindliche Bildung: Kita-Pflicht und Mitbestimmung

Auch die frühkindliche Bildung stand im Fokus der Beratungen. Mit großer Mehrheit (88 Prozent) befürworteten die Bürgerräte eine zweijährige Kita-Pflicht vor der Einschulung. „Gute Sprachkenntnisse sind die Grundlage für Teilhabe und einen erfolgreichen Bildungsweg“, heißt es in der Begründung. Zudem sollen Kita-Kinder stärker in Entscheidungen einbezogen werden, was 67 Prozent der Bürgerräte unterstützten.

 

Berufsorientierung und Perspektiven für Jugendliche ohne Abschluss

Für die berufliche Bildung empfiehlt der Bürgerrat verpflichtende Berufsorientierungswochen für alle Jugendlichen. Gleichzeitig sollen Jugendliche ohne Schulabschluss bessere Berufschancen erhalten. Beide Vorschläge fanden breite Zustimmung – 96 beziehungsweise 88 Prozent.

 

Breite Beteiligung und demokratischer Prozess

Die Empfehlungen wurden im Rahmen eines mehrjährigen, partizipativen Prozesses erarbeitet, der von der unabhängigen Montag Stiftung Denkwerkstatt initiiert wurde. Der Bürgerrat setzt sich aus 700 zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern zusammen, die die gesellschaftliche Vielfalt Deutschlands repräsentieren. Bei der siebten Tagung im November 2024 in Leipzig trafen 120 Mitglieder abschließend die Entscheidung über die Reformvorschläge. Auch junge Menschen brachten sich aktiv ein: 20 Schülerinnen und Schüler des Jungen Bürgerrats beteiligten sich an den Beratungen und trugen dazu bei, dass Themen wie lebensnahes und individuelles Lernen mit 97 Prozent Zustimmung in das Maßnahmenpaket aufgenommen wurden.

 

„Ein Beitrag zur lebendigen Demokratie“

Für Sabirya Ekinci, Straßenbahnfahrerin aus Hannover und langjähriges Bürgerratsmitglied, ist die Arbeit ein Grund zur Freude: „Ich denke, wir können wirklich stolz sein auf das, was wir geleistet haben. Natürlich waren die Diskussionen teilweise auch hart, aber wir haben Vorschläge entwickelt, die wir guten Gewissens präsentieren können.“

Auch Sabine Milowan, Projektleiterin der Montag Stiftung, hebt den demokratischen Wert des Prozesses hervor: „Der Bürgerrat Bildung und Lernen ist ein Beispiel dafür, wie Bürgerinnen und Bürger konstruktiv und respektvoll um Lösungen ringen können. Damit leisten wir einen Beitrag zur lebendigen Demokratie in Deutschland.“

 

Politik in der Verantwortung

In den kommenden Wochen sollen die Empfehlungen an die Kultus- und Bildungsministerien übergeben werden, um den Dialog zwischen Bürgerrat und politischen Entscheidungsträgern zu intensivieren. Eine Abschlusskonferenz des Bürgerrats ist für Ende 2025 geplant, mit dem Ziel, die Umsetzung der Reformen weiter voranzutreiben.

„Jetzt ist die Politik gefragt, diese wertvollen Impulse aufzunehmen“, sagt Felix Voss, Student aus Leipzig und Bürgerratsmitglied. Denn eines steht für alle Beteiligten fest: Das Bildungssystem in Deutschland braucht dringend einen langen Atem – und den Mut, neue Wege zu gehen.

 

Quelle: Bürgerrat Bildung und Lernen

 


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