Rettungsdienst-Fehlfahrten selber bezahlen? Krankenkassen beziehen Stellung

11.12.2025

Einsätze ohne Krankenhaus-Transporte: Bleiben die Kosten bei den Kommunen hängen – oder gar bei den Versicherten?

Müssen die Kommunen oder gar die Notfall-Patientinnen und Patienten Rettungsdienst-Einsätze selber zahlen, wenn sich am Unfallort herausstellt, dass kein Transport zum Krankenhaus notwendig ist? Genau dieses Szenario zeichnen derzeit viele städtische Verwaltungen in NRW, zum Beispiel der Kreis Mettmann.

Denn die Krankenkassen wollen die Kosten für so genannte „Fehlfahrten“ nicht mehr tragen, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Nachricht hat für viel Verunsicherung geführt.

 

Was ist dran an dieser Sorge? Wir fragen nach.

 

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BKK beruft sich auf ohnehin schon geltendes Recht

Stellvertretend für die gesetzlichen Krankenkassen und Krankenkassenverbände in NRW erklärt uns der BKK-Landesverband Nordwest in Duisburg, dass man sich auf bereits bestehende bundesgesetzliche Vorgaben des Sozialgesetzbuches (SGB V) berufe: „Nach § 60 Abs. 2 Nr. 2 SGB V dürfen die Krankenkassen die Kosten nur für solche Rettungsfahrten übernehmen, die im Zusammenhang mit einem Transport der Patientin oder des Patienten in ein Krankenhaus stehen."

Zu Kostenübernahmen von Fehlfahrten steht in dem Gesetz explizit nichts, daraus folgern die Krankenkassen: "Für sogenannte Fehleinsätze, bei denen kein Patient befördert wird, besteht keine gesetzliche Finanzierungsverpflichtung der Krankenkassen (Urteile des Bundessozialgerichts vom 2. November 2007, Az. B 1 KR 4/07 R, und vom 6. November 2008, Az. B 1 KR 38/07 R).“

 

Die Kommunen seien laut Rettungsgesetz Nordrhein-Westfalen (RettG NRW) für die Organisation und Finanzierung der Rettungsdienste sowie die entsprechenden Kalkulationen verantwortlich – also auch für die entstehenden Kosten von Fehlfahrten.

 

Können Kommunen die Kosten auf die Versicherten „abwälzen“?

Also bleiben die Kosten für Fehlfahrten in der Regel bei den Städten und Gemeinden hängen? Der Kreis Mettmann prognostiziert dadurch „eine Finanzierungslücke in den Kommunen, deren Haushaltslage ohnehin stark angespannt ist. Der Fehlbetrag kann für eine einzelne kreisangehörige Kommune pro Jahr mehrere Millionen Euro betragen.“

 

Das führt die Kreisverwaltung zur "Überlegung, Bürgerinnen und Bürger bei ‚Fehlfahrten‘ unmittelbar zu belasten und ihnen Gebührenbescheide zu schicken, da das Rettungsdienstsystem nach dem Landesrecht in NRW kostendeckend wirtschaften muss.“

Der Stadtrat in Essen ist da bereits vorgeprescht und hat am 10. Dezember 2025 über eine neue Satzung für Rettungsdienstgebühren abgestimmt. In der Ratsvorlage heißt es dazu unter der Kategorie "Fehlfahrten": "Sollten die Krankenkassen ihren Zahlungsfluss vollständig einstellen und gegenüber dem Träger des Rettungsdienstes auch keine Festbetragszahlungen mehr leisten, wäre es (...) erforderlich, in diesem Fall den Gebührenbescheid in voller Höhe den Bürgerinnen und Bürgern aufzuerlegen."

 

Genau das sollten Patientinnen und Patienten aber nicht befürchten müssen, sagt die BKK: „Eine Kostenabwälzung durch die Kommunen auf die Versicherten ist aus Sicht der Krankenkassen nicht vorgesehen und auch nicht sachgerecht. Nach § 14 Abs. 5 RettG NRW kann ein Kostenträger [also die Kommune, Anm.d.Red.] einen Ersatz nur dann von Einzelpersonen verlangen, wenn der Einsatz auf missbräuchlichem Verhalten beruht – etwa bei vorsätzlich falschen Notrufen. Im Übrigen wären Kostenforderungen an Einzelpersonen rechtlich nicht legitimiert.“

Heißt also: Die Kommunen (auch im Kreis Mettmann) dürfen die Kosten überhaupt nicht bei den Bürgerinnen und Bürgern einfordern – sofern wirklich eine Notlage der Grund für den Notruf ist.

 

Was also tun?

Der BKK-Landesverbandes Nordwest erklärt: „Die gesetzlichen Krankenkassen und ihre Verbände in fordern deutlich effizientere und schlankere Strukturen im Rettungsdienst.“

52 Leitstellen gibt es derzeit in NRW: „Laut Einschätzung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung, die unter dem früheren Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach einberufen wurde, liegt die Empfehlung bei einer Richtzahl von einer Million Einwohnerinnen und Einwohnern je Leitstelle. Das würde bedeuten, dass rund 18 Leitstellen in NRW ausreichend wären.“

Außerdem sollten sich die Leitstellen und die ärztlichen Bereitschaftsdienst digital vernetzen, empfiehlt die BKK: „Damit würden die Möglichkeiten der Disponentinnen und Disponenten erweitert, um die Patientinnen und Patienten zielgerichtet in die passende Versorgungsebene zu steuern“.

 

Bericht: KA
Foto: anzeiger24.de

 

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