Verkehrswende: PKW-Anteil um 11 Prozent reduzieren – aber wie?

08.03.2023

Bürgeraktion fordert: „Erst einmal Alternativen schaffen“

Die Stadt Hilden hat sich ein ehrgeiziges Ziel vorgenommen: Bis zum Jahr 2035 sollen die Klimaschutzziele der Bundesregierung – „Treibhausgas-Neutralität“, also ein Gleichgewicht zwischen Emissionen und Abbau von Treibhausgasen – umgesetzt werden.

„Für den Mobilitätssektor in Hilden bedeutet dies, dass bis zum Jahr 2030 die immanenten Treibhausgasemissionen massiv gegenüber dem Stand von 2020 reduziert werden müssen“, heißt es nun in einer Sitzungsvorlage für den Stadtentwicklungsausschuss am 15. März. "Dies ist aus fachlicher Sicht ohne eine ‚Verkehrswende‘ nicht zu erreichen.“

 

Und das wiederum gehe – so die Berechnung der Verwaltung – nicht, ohne den „motorisierten Individualverkehr (MIV)“ von heute ca. 51 auf ca. 40 Prozent zu reduzieren, dabei den Anteil des Fahrradverkehrs von heute 18 auf 24 Prozent, den Fußverkehr von 22 auf 24 Prozent und die Nutzung des ÖPNV von 9 auf 12 Prozent anzuheben.

Anders gesagt: „ca. 19.000 Wege pro Tag müssten mit anderen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden als mit dem PKW.“

 

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Das sind ordentliche Hausnummern... 

 

Wie soll das gehen?

Die ersten Weichen werden ja bereits gestellt. Denn die Verwaltung arbeitet seit Monaten an einem „Mobilitätskonzept“ und hat schon einige Bürgerversammlungen dazu veranstaltet.

 

Tendenziell lassen sich daraus vorab einige Maßnahmen ableiten, z.B.:

  • Radverkehr im gesamten Stadtgebiet priorisieren und Netzlücken schließen – dabei sind doch viele Hauptstraßen zu schmal für einen sicheren Radverkehr.
  • Ausbau der Fußwege und mehr Sicherheit und verbesserte Barrierefreiheit.
  • Ausbau der ÖPNV-Anschlüsse – das kann die Stadt aber nicht so ohne weiteres und ohne VRR und Rheinbahn „verordnen“.
  • Flächendeckende Angebote wie Fahrzeug-Sharing und Mobilstationen – dafür müssten sich natürlich interessierte Investoren finden.
  • „Neuordnung und Verkehrsberuhigung“ (man könnte auch sagen: „Reduzierung“) des Individual-Autoverkehrs – also das Autofahren noch „unattraktiver“ machen?
  • Verringerung der Parkplatzangebote, bzw. „höhere Parkraumbewirtschaftung“, also höhere Gebühren – das wurde je bereits teilweise schon durchgesetzt; etwa beim Wegfall der kostenlosen Wochenend-Parkplätze am Finanzamt oder die verteuerten Parktarife in der Innenstadt. Das kam bei vielen Einzelhändlern und deren Kundschaft nicht gut an.
  • Einrichtung eines Vorrangnetzes und Restriktionen für den LKW- und Lieferverkehr – soll das heißen, dass Geschäfte und Gastronomie seltener beliefert werden sollen…?
  • Weniger Hol- und Bringverkehr („Elterntaxis“) mehr an Schulen – das ist in der Tat ein Problem. Da wird es mehr brauchen als einen Wettbewerb mit kurzzeitigem Effekt.
    Die Stadt Monheim hat ein interessantes Alternativmodell entwickelt…

 

Diese „Szenarien“ sollen nun als Grundlage für weitere Beschlüsse Richtung „Verkehrswende“ dienen.

 

Weniger Blechlawinen, Verkehrslärm und Abgase. Dafür mehr Radlerinnen und Radler oder Buspendlerinnen und -pendler sowie Fußläufige in der Stadt. Eine erstrebenswerte Vision.  

 

Es stellt sich aber natürlich die Frage: Ist das alles mach- und umsetzbar? Wird die Bevölkerung da überhaupt mitziehen?

Autofahrerinnen und -fahrer lassen sich bekanntlich nicht gerne dazu zwingen, auf Rad und/oder Bus umzusatteln oder -steigen. Und alles lässt sich auch nicht so leicht mit dem Drahtesel erledigen, z.B. Shopping

Eine gesunde Mischung ist daher erforderlich; und etwas Einsicht, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann. 

 

Bürgeraktion: „Stadt konzentriert sich nur aufs Streichen und Teurermachen“

Die Fraktion der Bürgeraktion prescht da schonmal vor: „Um den Kohlendioxid-Ausstoß zu reduzieren, ist die Verkehrswende unabdingbar. Dabei geht es nicht mehr so sehr um das Ob, dafür jedoch umso mehr um das Wie“, verkündet Ratsherr Ludger Reffgen in einer Presseerklärung und hängt gleich eine Reihe von Fragen hinten an: „So weit, so gut. Aber was sind die Alternativen? Sind etwa die Radwege in Hilden ganz allgemein sicherer geworden? Wurden Gefahrstellen für den Radverkehr beseitigt und fehlende Radwege durch den Ausbau des Radwegenetzes ergänzt (zum Beispiel Beethovenstraße)? Oder wurde auch nur das bestehende Radverkehrsnetz besser beworben, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu verbessern? Wurde das Busverkehrs-Angebot attraktiver gestaltet (Taktoptimierung und Fahrpreisgestaltung)?“

 

Das alles sei bisher nicht passiert, vielmehr habe sich die Stadt bisher auf das „Streichen und Teurermachen“ konzentriert, so Reffgen: „Bei der Optimierung von Alternativen – Fehlanzeige. Die Stadt macht es sich zu einfach, die Bürger in die Pflicht zu nehmen, sich selbst aber dezent aus der Affäre zu ziehen. Den Bürgern mehr abzuverlangen ohne gleichzeitig das bestehende Angebot zu verbessern bedeutet eine einseitige Verschlechterung zu Lasten der Bevölkerung. In Hilden bekommt dieses Verhalten zunehmend Methode. Die Menschen werden es ihrer Stadt nicht danken.“

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto/Collage: anzeiger24.de/Pixabay

 


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