Bayrisches Verwaltungsgericht: 2G im Einzelhandel außer Vollzug gesetzt

19.01.2022

Richter in NRW aber lehnen Eilantrag ab – Wo ist der Unterschied?

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat die grundsätzliche 2G-Zugangsbeschränkung zu Einzelhandelsgeschäften (15. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung) vorläufig außer Vollzug gesetzt.

 

Laut der BayIfSMV darf der Zugang zu Geschäften grundsätzlich nur genesenen und geimpften Personen gewährt werden (wie in anderen Bundesländern auch). Ausgenommen sind Geschäfte, die der „Deckung des täglichen Bedarfs“ (u.a. Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Tankstellen, Buchhandlungen, Floristen, Bau- und Gartenmärkte) dienen.

Die Inhaberin eines Beleuchtungsgeschäfts in Oberbayern sah darin eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit und des Gleichbehandlungsgrundsatzes und beantragte deshalb die vorläufige Außervollzugsetzung dieser Regelung.

Der BayVGH hat dem Eilantrag stattgegeben.

 

Begründung: Unkonkrete Regelung und uneinheitliche Behandlung

In der Presseerklärung heißt es: „Nach Auffassung des Senats dürfte eine 2G-Zugangsbeschränkung für Betriebe des Einzelhandels im Infektionsschutzgesetz eine ausreichende gesetzliche Grundlage finden und die Voraussetzungen hierfür grundsätzlich erfüllt sein. Das Infektionsschutzgesetz gebe aber vor, dass sich die Reichweite von Ausnahmeregelungen – wie hier für die ‚Ladengeschäfte zur Deckung des täglichen Bedarfs‘ – mit hinreichender Klarheit aus der Verordnung selbst ergeben müsse und nicht auf die Ebene des Normenvollzugs und dessen gerichtlicher Kontrolle verlagert werden dürfe. Diesen Anforderungen werde die angegriffene Regelung nicht gerecht. Insbesondere im Hinblick auf die Aufzählung von Ausnahmen und die uneinheitliche Behandlung von sog. ‚Mischsortimentern‘ lasse sich der Verordnung nicht mit hinreichender Gewissheit entnehmen, welche Ladengeschäfte von der Zugangsbeschränkung erfasst würden.“

 

Staatskanzlei will nun „Regelung wie in Supermärkten“

Gegen den Beschluss des Senats gibt es keine Rechtsmittel. Das bedeutet: „Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) kündigte an, Bayern werde 2G im Handel komplett aussetzen und damit für eine ‚schnelle und praktikable Umsetzung‘ der Entscheidung sorgen“, berichtet der Bayrische Rundfunk (BR). „Wegen der entstandenen Abgrenzungsschwierigkeiten ist nun die Regelung wie in den Supermärkten die einfachere Alternative", sagte der CSU-Politiker laut dem Bericht.

 

NRW: Oberverwaltungsgericht urteilt zu Gunsten des Gesetzgebers

Auch in Niedersachsen wurde bereits ein  ähnliches Urteil gefällt.  

 

Ganz anders sieht die Lage in NRW aus. Dort hatte das Oberverwaltungsgericht Münster kurz vor Weihnachten einen Eilantrag der Woolworth GmbH gegen die 2G-Regelung abgelehnt.

Auch in diesem Bundesland gelten die geläufigen Ausnahmen. Und auch in diesem Fall argumentierte das Unternehmen, das ein Mischsortiment aus Textilien und Haushaltsbedarf aller Art anbietet, die 2G-Regelung sei „unverhältnismäßig“ und eine „nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung“.

Dem ist das Oberverwaltungsgericht aber nicht gefolgt.

 

„Zugangsbeschränkung schützt Leben und Gesundheit der Bevölkerung“

Begründung: „Die Zugangsbeschränkung (...) verstößt nicht offensichtlich gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Der Verordnungsgeber kann voraussichtlich davon ausgehen, dass die 2G-Regelung im Einzelhandel dazu beiträgt, Leben und Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und eine Überlastung der (intensiv-)medizinischen Behandlungskapazitäten zu vermeiden. Nach derzeitigem Erkenntnisstand ist das Risiko immunisierter Personen, sich mit dem Coronavirus zu infizieren und dieses an andere Personen weiterzugeben, (…) in erheblichem Maße reduziert. (…) Die mit der Maßnahme verbundenen wirtschaftlichen Einbußen stehen in der aktuellen pandemischen Lage auch nicht außer Verhältnis zu dem Regelungszweck. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass auch nichtprivilegierte Einzelhändler wie die Antragstellerin ihre Waren noch einer Vielzahl von Kunden anbieten können. Denn inzwischen [Stand: 22. Dezember 2021, Anm.d.Red.] sind in Nordrhein-Westfalen allein 73,5 % der Bevölkerung vollständig geimpft und damit von den angegriffenen Zugangsbeschränkungen nicht erfasst.“

Auch dieser Beschluss ist unanfechtbar.

 

Zwei Gerichte, zwei Meinungen. Und obendrein verkehrte Welten: Denn während Bayern zu den Bundesländern mit den strengeren Coronaschutz-Regeln zählt, war NRW oft eher „lockerer“.

Paradoxerweise hat Bayern aber zeitweise höhere Infektionszahlen und Inzidenzen als NRW.

 

Einzelhandelsverband: "2G hilft im Kampg gegen Pandemie nicht weiter"

Der Einzelhandelsverband Deutschland (HDE) sieht die 2G-Regelung ohnehin kritisch; denn die habe (insbesondere im Advent) zu erheblichen Umsatzeinbußen geführt. Ein einer Presseerklärung im Dezember sagte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth: "Der Einkauf mit Maske, Abstand und Hygienekonzept ist eine sichere Angelegenheit. 2G beim Einkaufen bringt uns im Kampf gegen die Pandemie nicht weiter. Wenn die Politik trotz allem darauf besteht, muss es wenigstens schnelle Erleichterungen für die Händler geben. Die aktuellen Regelungen schrecken zu viele Kunden ab und erfordern einen enorm hohen Personaleinsatz“, so Genth. 

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: webandi/WiR_Pixs/qimono / Pixabay / Collage: anzeiger24.de

 

Ihr wollt uns Eure Meinung sagen? Gerne per Mail an

[email protected]

oder als Kommentar bei Facebook
unter DeinHilden, DeinLangenfeld, DeinMonheim oder DeinHaan.

Euch hat unser Beitrag gefallen? Dann liked und teilt ihn gerne.