Sebastian und Tino: Zwei Prinzen – ein Paar für den Langenfelder Karneval

Homosexualität soll auch im Brauchtum normal sein

Wenn ein neues Prinzenpaar bei seiner Proklamationsgala zum ersten Mal die Bühne im Schauplatz betritt, kann es sich stets auf Applaus und einen frenetischen Empfang freuen. Das ist gute Tradition und Sitte in Langenfeld. In diesem Jahr schien die Begeisterung noch intensiver. Die Karnevalsvereine demonstrierten einmütig, wie stolz sie auf ihr erstes gleichgeschlechtliches Prinzenpaar sind. Sebastian Zacher und Tino Kropp waren beim Einzug und im Bad der Menge vom Jubel der Jecken sichtlich emotional überwältigt. „Liebe ist Liebe“, ruft eine Zuschauerin enthusiastisch aus.

Und auch Bürgermeister Frank Schneider betonte bei der Vorstellung der Tollitäten, dass es in der heutigen Zeit „völlig normal“ sein sollte, dass auch ein homosexuelles Paar den Langenfelder Frohsinn repräsentiert. „Wo liegt das Problem?“, fragte er rhetorisch. Es soll wohl vereinzelt ein Murren unter den Traditionalisten gegeben haben. Doch für Schneider ist klar: „Langenfeld ist tolerant und weltoffen!“ Und das hat diese Proklamation einmal mehr deutlich gemacht.

Es geht es auch nicht darum, „Geschichte zu schreiben“, sagen die Prinzen Sebastian und Tino vom Langenfelder Pappnasen e.V.: „Wir wollen einfach nur Spaß haben.“ Beide sitzen im Vorstand des mit 17 aktiven Mitgliedern relativ kleinen Karnevalsvereins: Sebastian als Vorsitzender und Tino als stellvertretender Schriftführer.

In der vergangenen Session waren sie bereits als Prinzenbegleiter unterwegs. Dass sie nun selber das Prinzenpaar werden dürfen, hat sich durch einige zufällige Gespräche beim diesjährigen Erdbeerfest des Richrather Karnevalsvereins (RKV) ergeben. „Wir hatten einen potentiellen Sponsor, und es gab sonst keine Kandidaten“, berichtet Tino. „Also haben alle gesagt: Wir machen das jetzt.“

 

Prinzenpaar-Langenfeld-Karneval-Festkomitee-Sebastian-Tino

 

Sebastian (l.) und Tino regieren nun die Langenfelder Narrenschar

Keine Frauenkleider, sondern klassisches Ornat

Nun kommt natürlich eine gewaltige Aufgabe auf die beiden zu, und die eventuelle mediale Aufmerksamkeit wird nur ein Teil davon sein: „Wir sind uns der Dimension wohl bewusst“, sagt Sebastian Zacher (34), der im realen Leben Zierpflanzengärtner ist und nun im Versandhandel arbeitet.

Das gemeinsame Ornat haben sie schon ausgesucht. Und sie werden dabei ganz klar keine Klischees bedienen: „Es wird keine Frauenkleider und keinen Glitzer geben. Das mögen wir selber nicht“, sagt der 33-jährige Schreiner Tino Kropp. Das Ornat wird ganz traditionell und in den Vereinsfarben der Pappnasen – Schwarz-Rot – geschneidert. „Wir wollen damit zeigen, dass wir ganz normal Karneval feiern wollen. Denn das sollte im Jahr 2020 eigentlich normal sein.“

Mit amüsanten Neckereien auf der Bühne wollen die beiden Vollblut-Jecken für Stimmung sorgen: „Wir werden oft mit Waldorf und Statler aus der Muppet Show verglichen, weil wir uns immer gegenseitig auf die Schippe nehmen“, sagt Tino. „Das ist aber auch in unserem ganzen Verein so gang und gäbe. Wir wollen auch nicht einfach nur Orden verleihen, sondern unser Publikum unterhalten und bespaßen.“

Für Langenfeld ist das homosexuelle Prinzenpaar ein Novum, für das Festkomittee (FLK) ein wichtiger Schritt in die moderne Zeit: „Der Langenfelder Karneval lebt damit einmal mehr ein Stück gesellschaftliche Normalität vor“, sagt Präsident Hans-Werner Jansen. „Aus Toleranz wird Akzeptanz.“

 

Langenfeld-Karneval-Festkomitee-Prinzenpaar

Markus Ibert (Prinzengarde), Petra Trettin (Pappnasen), die Prinzen Sebastian und Tino, Kerstin Peters (Pappnasen) und Wolfgang Christmann (Spiess Ratzen v.l.) fiebern der nächsten Saison entgegen.

Foto: Festkomitee Langenfelder Karneval

 

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