Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen: Es gibt immer noch viel zu tun

Das sagen Verbände und Institutionen

25. November: Orange Day, bzw. Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen.
Für viele (soziale) Verbände und Institutionen eine Gelegenheit, sich zum Thema zu positionieren und das Problem in den Fokus zu rücken.

 

Hier einige Beispiele:

 

ver.di: Belästigungen gegen Frauen auch im Handel

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert, dass Frauen insgesamt gegen Gewalt und sexualisierte Übergriffe in der Arbeitswelt geschützt werden müssen. Dazu hat der Frauenvorstand im ver.di-Bundesfachbereich Handel konkret die Initiative „Gemeinsam stark – Gegen Gewalt im Handel“ gestartet.
„Frauen, die im Handel arbeiten, sind zunehmend Belästigungen ausgesetzt. Die Kolleginnen beschreiben, dass es in der Pandemie schlimmer geworden sei, ob in der Schlange an der Kasse oder auch wenn zu wenig Personal zur Beratung zur Verfügung steht. Sie erleben tagtäglich Beleidigungen und Pöbeleien. Damit muss Schluss sein“, so Stefanie Nutzenberger, zuständig für den Handel, Frauen und Gleichstellung im ver.di-Bundesvorstand.

Mit der Initiative wurde 2022 ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW) gestartet, bei dem Beschäftigte im Handel erstmalig über Belästigungen und Übergriffe am Arbeitsplatz befragt werden. Die Ergebnisse werden zu Beginn des nächsten Jahres vorliegen.

 

Bundesagentur für Arbeit: Breites Bündnis gegen Sexismus und sexuelle Belästigung

Die BA hat sich einem starken gesellschaftlichen Bündnis angeschlossen. Der gesamte Vorstand unterzeichnete die Erklärung „Gemeinsam gegen Sexismus und sexuelle Belästigung“.
In der Erklärung bekennen sich die unterzeichnenden Institutionen dazu, die Bekämpfung von Sexismus als Aufgabe aller gesellschaftlichen Kräfte anzuerkennen und Sexismus sowie sexualisierte Gewalt in all ihren Erscheinungsformen zu verhindern und zu beenden. In den Arbeitsagenturen gibt es etwa mit den Gleichstellungsbeauftragten Ansprechpersonen, an die sich Mitarbeitende im Falle einer Belästigung geschützt wenden können. Bislang haben sich 346 Unternehmen, Gewerkschaften und Organisationen der Erklärung angeschlossen.

 

Die BA führt in ihren Dienststellen regelmäßig Informationsangebote durch und hat das Thema fest in ihren Weiterbildungen verankert. Sollte sich ein entsprechender Vorfall ereignen, können sich die betroffenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an verschiedene Anlaufstellen wenden, darunter die Beauftragten nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, die Gleichstellungsbeauftragten oder die Interessensvertretungen.

 

UNO-Flüchtlingshilfe e.V.: Frauen in Afghanistan werden vom öffentlichen Leben ausgeschlossen

Weltweit werden Frauen und Mädchen Menschenrechte und Grundfreiheiten vorenthalten. Sie werden Opfer von körperlichem und seelischem Missbrauch, von häuslicher Gewalt bis hin zu Vergewaltigungen als Kriegsstrategie. Aufgrund ihrer prekären Situation sind besonders Frauen auf der Flucht gefährdet. Darauf macht die UNO-Flüchtlingshilfe zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen aufmerksam.

„Frauen und Mädchen sind größten Risiken ausgesetzt, wenn sie aus ihrem schützenden Umfeld gerissen werden. Frauen fliehen selten alleine. Sondern oft tragen sie zusätzlich Verantwortung für Kinder, Ältere oder auch Kranke. Die internationale Gemeinschaft muss handeln und für Sicherheit und Einhaltung elementarer Rechte sorgen“, fordert Peter Ruhenstroth-Bauer, Nationaler Direktor der UNO-Flüchtlingshilfe.

 

Seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 hat sich die Lage der Frauen und Mädchen in Afghanistan kontinuierlich verschlechtert. Restriktive Maßnahmen schließen sie systematisch vom gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben aus. Bewegungsfreiheit und Berufswahl wurden ebenso eingeschränkt wie der Besuch von weiterführenden Schulen für Mädchen

 

Trotz der schwierigen politischen Situation ist der UNHCR weiterhin in Afghanistan im Einsatz, unterstützt Frauen und Mädchen auf vielen Wegen: durch Bildungseinrichtungen mit Computerklassen und beruflichen Schulungen. Daneben bietet der UNHCR für Frauen landesweit Existenzgründungsprojekte an, zum Beispiel für mobile Bäckereien oder Schneidereien, um Perspektiven für frauengeführte Haushalte zu schaffen.

 

Gewerkschaft der Polizei: Noch immer kein nachhaltiger Opferschutz

Die Bundesfrauengruppe der Gewerkschaft der Polizei (GdP) mahnt den dringenden Ausbau von Beratungs- und Hilfsstrukturen für von Gewalt betroffene Mädchen und Frauen an. „Fünf Jahre nach der Ratifizierung der Istanbul-Konvention ist das Angebot hierzulande immer noch viel zu dünn. Das ist kein nachhaltiger Opferschutz“, sagte Sibylle Krause, das zuständige Mitglied für Frauenpolitik im Geschäftsführenden GdP-Bundesvorstand am Donnerstag in Berlin.

 

Die Fallzahlen in Deutschland seien nach wie vor bedrückend, stellte die Gewerkschafterin fest. Täglich würden immer noch mehrere hundert Frauen und Mädchen vor allem Opfer partnerschaftlicher Gewalt. „Die Betroffenen teilen mit den Tätern notgedrungen auch noch lange nach der Tat Tisch und Bett. Damit muss Schluss sein“, betonte Krause.

 

„Frauenhäuser sind die erste Anlaufstelle“, sagte Krause, stellte im selben Atemzug jedoch fest: „All zu oft telefonieren meine Kolleginnen und Kollegen Anlaufstellen erfolglos nach freien Plätzen in Frauenhäusern ab. Nachts im Zweifel mehrere Stunden von einem Bundesland ins andere fahren zu müssen, um eine Frau und ihr Kind in ein freies Frauenhaus zu bringen, ist ein Armutszeugnis.“

 

Frauen und Mädchen, die Gewalt erfahren hätten, bräuchten schnelle, verbindliche Hilfe. Dazu zähle auch der Rechtsanspruch auf sofortigen Schutz. „Es fehlt an ausreichend Schutzräumen, einer schnellen psychologischen Betreuung und einer 24/7-Erreichbarkeit der entsprechenden Behörden“, unterstrich die Gewerkschafterin.

 

Kindernothilfe e.V. fordert mehr Investitionen und einen sozialen und gesellschaftlichen Wandel

„Die hohe und weiter steigende Anzahl von Frauen und Mädchen, die von Gewalt betroffen sind, ist erschreckend“, sagt Kindernothilfe-Vorstandsvorsitzende Katrin Weidemann. Zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen am Freitag, den 25. November, fordern die Kinderrechtsorganisation und 30 ihrer Partnerorganisationen ein Ende geschlechtsspezifischer Gewalt. So brauche es neben dem politischen Willen auch entsprechende Investitionen sowie einen sozialen und gesellschaftlichen Wandel, um die Gewalt zu beenden. "Die Regierungen müssen dringend handeln. Denn jede Frau und jedes Mädchen, das Gewalt jeglicher Form erfährt, ist eine zu viel", betont Katrin Weidemann.

 

Vor allem globale Katastrophen und Krisen wie Kriege, Flucht, Hunger und Armut, lassen die Zahlen der betroffenen Frauen und Mädchen in die Höhe steigen. "Geschlechtsspezifische Gewalt und insbesondere Gewalt gegen Mädchen ist eine massive Kinder- und Menschenrechtsverletzung", so Katrin Weidemann. Im gemeinsamen Positionspapier fordert die Kinderrechtsorganisation mit ihren Partnern aus Lateinamerika, Asien und Afrika u. a., dass Gewalt gegen Mädchen als fundamentale Verletzung ihrer Rechte anerkannt wird. Der Schutz von Mädchen muss priorisiert werden.

 

Weitere wichtige Faktoren in der Prävention und im Umgang mit Gewalt sind die Unterstützung der Überlebenden und Betroffenen sowie starke Kinderschutzsysteme. Außerdem braucht es funktionierende und zugängliche Bildungs- und Rechtssysteme, die Ermittlungs- und Aufdeckungsquoten in Bezug auf Gewalt gegen Mädchen und Frauen erhöhen. An dieser Umsetzung arbeiten die Kindernothilfe und ihre Partner gemeinsam. Dazu sind sie auch im Gespräch mit Dr. Najat Maalla M'jid, der Verantwortlichen der Vereinten Nationen für Gewalt gegen Kinder (Special Representative of the Secretary-General on Violence against Children).

 

Zusammenstellung: Achim Kaemmerer

Foto: Tumisu/Pixabay