Mit Salz und Ventilator gegen Corona im Klassenzimmer? Rat winkt ab

Erfindung von Walther Enßlin stieß auf Skepsis – Und was ist jetzt im Herbst?

Da reibt man sich doch erst einmal die Augen: Kann eine Mischung aus Salz, destilliertem Wasser, Glycerin und dem Tensid Tween 20 einfach so Corona-Viren abtöten und von einem einfachen Ventilator aus dem Klassenzimmer geblasen werden? Das zumindest behauptet Walther Enßlin, ehemaliger Chemie-Lehrer und Wissenschaftler aus Hilden, der wegen seines Fachwissens einen exzellenten Ruf genießt. Zusammen mit einer Arbeitsgruppe "Jugend forscht" hat er eine besondere Form von Luftreinigungsgeräten entwickelt, die nach eigener Aussage leicht installiert werden können. 

 

Ratsherr Werner Erbe (unabhängig, ehemals Partei Die Linke), hatte nun im Stadtrat einen Antrag gestellt, diese Geräte in den Klassenräumen einzusetzen. Das lehnte die Mehrheit aber ab.

 

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Wie funktioniert das „Enßlinische“ Luftreinigungsgerät?

Verkürzt dargestellt: "Die Corona-Viren werden zusammen mit der Raumluft vom Ventilator angesaugt und von einem feuchten Filtertuch abgefangen und von der Salzlösung durch den osmotischen Druck desaktiviert. Die Salzkristallisation zerquetscht schließlich die Mikroorganismen; der Druck entspricht einem Auto, das über eine Biene fährt“, erklärt Dr. Enßlin.

 

Hier erklärt Dr. Enßlin seine Erfindung persönlich:

 

Materialkosten laut Dr. Enßlin pro Klasse:
30€ pro Ventilator (je nach Marktpreis)
1€ pro 0,5 m2 Tuchstoff
2€ für die Haushaltssprühflasche
60 Cent für die Imprägnierlösung pro Tag.

 

Zum Vergleich: Ein Luftreinigungsgerät mit HEPA-Filter der Klasse H13 oder H14 würde 3.500€ kosten, hatte die Stadt vorgerechnet.

 

Und das soll wirklich gegen das wohl derzeit gefährlichste Virus der Welt helfen?

 

„Ich habe ein Patent auf meinen Luftfilter“, betont Dr. Enßlin im Gespräch mit anzeiger24.de.
Und warum ist er noch nicht marktreif und wird auch nicht produziert? „Das ist alles noch Neuland. Und die Hersteller wollen wohl kein neues System einführen, so lange sie mit ihren bisherigen Produkten Geld verdienen“, vermutet er.

 

Warum lehnt der Rat diese Erfindung ab?

Die CDU-Fraktion erklärt auf Nachfrage von anzeiger24.de: "Nach Gesprächen mit Schulleitungen kristallisierte sich heraus, dass der täglich zum Betrieb erforderliche Aufwand in allen Klassenräumen nicht erbracht werden kann. Wir respektieren ausdrücklich den Erfindergeist von Herrn Dr. Enßlin, sind jedoch der Auffassung, dass bis zu einer praktikabelen Marktreife noch ein gutes Stück Weg zurückgelegt werden muss. 

 

Klaus-Dieter Bartel (Die Grünen), sagte bei der Abstimmung im Rat: "Wir können das nicht genehmigen, weil wir nicht die fachliche Kompetenz haben. Die Eltern und Kinder müssen sich aber darauf verlassen können." 
Ähnlich äußerte sich Thomas Remih (FDP): "Wir können nicht beurteilen, ob das medizinisch oder rechtlich richtig oder falsch ist." 

 

Für den Antragsteller Werner Erbe sind diese Aussagen "unverständlich", zumal die Erfindung schon vor Monaten vorgestellt wurde und die Inzidenzen im Herbst wieder steigen könnten. 

Auf Nachfrage von anzeiger24.de erklärt er: "Es ist ein Skandal, wenn sich die 'großen' Parteien des Stadtrates absolut kinderfeindlich verhalten. Der Antrag wurde im Oktober 2020 gestellt, ist auf mehrere Anfragen hin seitens der Stadtverwaltung nicht beantwortet oder zumindest der Eingang bestätigt worden. Im Januar erfuhr ich davon und reichte den Antrag ein. Eine Demonstration der Arbeitsweise und die gereichte Zertifizierung der Luftfilter im Umwelt- und Klimaausschuss am 25. März führte zur Weitergabe an den Schul- und Sportausschuss am 25. Juni! Mehr als acht Monate waren vergangen, ohne eine Entscheidung im Sinne unserer Kinder im Präsenz-Unterricht herbei zu führen. Die Begründungen, die Anlage sei zu kostspielig, erfülle den Zweck nicht oder sei nicht verlässlich, lassen wir nicht gelten."

 

Stellt sich nun die Frage: Wie kann die Stadt alternativ für "saubere Luft" in den Klassenzimmern sorgen? 

Die Bürgeraktion (BA) beantragte später, dass in den städtischen Kindergärten und Schulen stationäre raumlufttechnische Anlagen (RLT) installiert werden sollen.  

Diese werden bereits bei Neubauten und Kernsanierungen mit eingeplant, erklärt dazu die Verwaltung. Die Anschaffung kann durch ein Bundesförderprogramm bis zu 80% subventioniert werden. Bei Gesamtkosten von 6,7 Millionen Euro läge der Eigenanteil der Stadt also bei 1,3 Millionen Euro.   

Allerdings sieht sich das Amt für Gebäudewirtschaft personell (1,5 Stellen) nicht in der Lage, diesen Aufwand zu stemmen
Daher gab es zunächst keine Entscheidung zum BA-Antrag; das Thema wurde an den nächsten Fachausschuss verwiesen

 

Die Stadt Hilden hat bereits in einem früheren Statement klar gestellt, dass die mobilen Luftfilter auch nicht die Ideallösung seien und beruft sich dabei auf das Bundesumweltamt.

 

Was also tun? Der nächste Herbst/Winter kommt bestimmt. Und jetzt macht die Politik erst einmal Sommerpause. Doch dann muss endlich eine Lösung her, um nicht die gleichen Fehler aus 2020 zu wiederholen...

 

Text/Foto/Video: Achim Kaemmerer


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