ver.di fordert: Mehr Einkommen für den öffentlichen Dienst

Pro & Contra: Gerechtfertigt oder überzogen?

In der Tarifverhandlungen mit dem Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV NW) fordert die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) für die rund 2,3 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen unter anderem eine Anhebung der Einkommen um 4,8 Prozent bzw. einen Mindestbetrag von 150 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 100 Euro monatlich angehoben werden.

Betroffen sind von den Verhandlungen beispielsweise Beschäftigte in kommunalen Kliniken, Seniorenzentren und Kindertagesstätten, bei der Müllabfuhr, den Sparkassen, den Städten, Gemeinden und Landkreisen, bei der Agentur für Arbeit und den Jobcentern und vielen anderen Dienststellen und Einrichtungen des Bundes wie den Zoll oder die Rentenversicherung.

Es gab bereits erste Warnstreiks, u.a. in Remscheid, Köln, Unna, Oberhausen und Solingen. Die Verhandlungen werden am 22./23. Oktober in Potsdam fortgesetzt. 

„Gestern wurde applaudiert – und heute zeigen die Arbeitgeber ihr wahres Gesicht“, kritisierte Gabriele Schmidt, Landesbezirksleiterin ver.di NRW, das Verhalten der Arbeitgeber. „Wir können nicht hinnehmen, dass die Kosten der Pandemie zu Lasten der Beschäftigten gehen sollen. Das geht nicht! Menschen in systemrelevanten Berufen haben den Laden am Laufen gehalten und es ist deutlich geworden, dass der öffentliche Dienst unverzichtbar ist. Jetzt immer noch kein Angebot vorzulegen, zeugt nicht von Wertschätzung gegenüber den stark belasteten Beschäftigten. Unsere Antwort lautet: Warnstreiks“, erklärte Schmidt.

Verhandlungsführer Heinz Rech ergänzt: „Gerade in der Pandemie ist noch einmal deutlich geworden, dass der ÖPNV systemrelevant ist. Dass nach dem Klatschen auch konkrete Verbesserungen für die Beschäftigten folgen, wurde mit dem Hinweis auf die kommunale Finanzlage und die unklare Finanzierung der Corona-Folgen in den nächsten Jahren, erst einmal vom Tisch gewischt. Hier sehen wir auch Bund und Land in der Pflicht.".

 

Quelle: Pressemitteilungen ver.di NRW
Titelfoto: Gerd Altmann/Pixabay

 

Kommunaler Arbeitgeberverband: "Viele Leistungen nicht erbracht - 'Corona-Helden' entsprechen nicht der Realität"

Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geht mit den Gewerkschaften ver.di und dbb beamtenbund und tarifunion hart ins Gericht.

VKA-Präsident Ulrich Mädge: „Wir halten die Arbeitskampfmaßnahmen der Gewerkschaften für völlig überzogen. Momentan befinden wir uns inmitten der Tarifverhandlungen. Wir haben uns mit den Gewerkschaften darauf verständigt, zur nächsten Verhandlungsrunde ein Angebot zu unterbreiten. Und an diese Absprache halten wir uns. Daher halte ich es für höchst unverantwortlich, dass gerade zum jetzigen Zeitpunkt – ich erinnere nur an die wieder steigenden Fallzahlen bei den Corona-Erkrankten und dass in vielen Bereichen eine fragile Normalität herrscht – Menschen in unseren Kommunen erneut beeinträchtigt werden.

Die Gewerkschaften sollten einmal den "Blick über den Tellerrand hinaus" wagen und sich daran erinnern, dass wegen der Corona-Pandemie zahlreiche Dienstleistungen der öffentlichen Hand nicht erbracht werden konnten. Dass nunmehr Warnstreiks in Bereichen wie den Kindertagesstätten erfolgen, zeigt, dass "die Gewerkschaften ihre Bodenhaftung verloren" haben. Denn wie will man diese Aktionen gegenüber den Beschäftigten rechtfertigen, die schon während des corona-bedingten Lockdowns bei der Kita vor verschlossenen Türen standen und ihre Kinder zuhause betreuen mussten? Auch die Gewerkschaften müssten sich dieser besonderen Verantwortung bewusst sein. Das gelte umso mehr, wenn man bedenke, dass sich Millionen Beschäftigte aktuell noch in Kurzarbeit befinden oder gar um ihre Arbeitsplätze fürchten. Das ist im Übrigen auch ein wesentlicher Unterschied zwischen dem öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft: Unsere Arbeitsplätze sind sicher!

 

Allein die Entgeltforderungen kosten 5,7 Milliarden Euro, rechnet der VKA vor. Und das sei für die kommunalen Arbeitgeber "mitten in der Rezession nicht machbar". Und die finanziellen Auswirkungen der Krise würden mindestens noch die nächsten beiden Jahre zu spüren sein.

"Das holzschnittartige Bild von 2,4 Millionen ‚Corona-Helden‘ im öffentlichen Dienst, das die Gewerkschaften gern zeichnen, entspricht nicht der Realität", schreibt der VKA: "Bei vollen Bezügen haben Eltern zu Hause auf ihre Kinder aufgepasst, wenn Kita oder Schule geschlossen waren. Andere haben wiederum dank unseres Tarifvertrages zur Kurzarbeit 95 Prozent ihres Entgelts erhalten. Zahlreiche Beschäftigte haben während des Lockdowns über Wochen hinweg nicht arbeiten müssen – das Geld kam trotzdem pünktlich. Viele kommunale Einrichtungen, zum Beispiel Theater, Museen, Messen oder Sporteinrichtungen waren über Wochen und Monate geschlossen, sodass dort schlichtweg keine Arbeit erbracht werden konnte. Nun das Mittel Streik zu nutzen, um auf Mitgliederfang zu gehen, wird in der öffentlichen Wahrnehmung nicht verfangen. Auf unser Angebot werden die Streiks keinen Einfluss haben.“

 

Quelle: Pressemitteilung VKA, 22. September 2020

 

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